Die Ortsnamen des Kirchspiels Magelsen

Magelsen  1585

Wenn man als Magelser in andere Teile Deutschlands gelangt und gefragt wird, wo man denn herstamme, antwortet man in der Regel mit „aus der Bremer Gegend“ oder, wenn der Fragende wenigstens Norddeutschland kennt, mit „aus der Nähe von Verden“. Wenn man dann schließlich doch noch den Ortsnamen erwähnt, muss man ihn meist ganz langsam wiederholen. Das überrascht nicht unbedingt, denn irgendeine Bedeutung ist Magelsen ja auf den ersten Blick nicht anzusehen, und es gibt im gesamten deutschen Sprachraum nur wenige Orts- oder Geländenamen, die ebenfalls mit dem Namensbestandteil Mag- beginnen, von Magel- ganz zu schweigen, das nur noch als Flussname im Elsass oder – annähernd – im österreichischen Maglern (Kärnten) und im schweizerischen Magglingen (Kanton Biel) vorkommt. Magelsen ist also durchaus ungewöhnlich.

Dabei ist die Frage nach Herkunft und Bedeutung von Ortsnamen nicht uninteressant. Wenn man sie beantworten kann, weiß man meistens mehr oder weniger, wann und von wem die betreffende
Ansiedlung gegründet worden ist. Das fällt am wenigsten schwer bei Orten wie Neustadt oder Obersdorf, die so jung sind, dass die Namensgebung bereits auf Hochdeutsch erfolgte und
wir keinerlei Probleme damit haben, ihre Bedeutung zu verstehen. Auch etwa Nienburg stellt uns vor keine allzu großen Rätsel, wenn wir Niederdeutsch sprechen, handelt es sich doch um die nie
borg
, die „neue Burg“ der Bischöfe von Minden, die als solche 1025 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird. Und Namen wie Hoyerhagen erklären sich leicht, wenn man weiß, dass –hagen ein im
Spätmittelalter häufig verwendetes Wort für „Rodungssiedlung“ ist und der Ort in geschichtlicher Zeit von den Grafen von Hoya gegründet wurde.

Schwieriger wird es schon bei älteren Ortsnamen wie Augsburg oder Köln, für die uns aber aufgrund von antiken Inschriften oder Dokumenten bekannt ist, dass sie auf die römischen
Bezeichnungen Augusta Vindelicorum und ColoniaAgrippinensis zurückgehen, was seinerzeit soviel wie „Stadt des Erhabenen Kaisers auf dem Stammesgebiet der Vindeliker“ beziehungsweise „Kolonie der Kaiserin Agrippina“ bedeutete. Und wenn wir dann versuchen, Namen wie Halle oder Lüneburg zu deuten, nutzen uns weder etwaig vorhandene Lateinkenntnisse noch solche der
heutigen deutschen Sprache samt ihrer Dialekte und historischen Vorläufer. Wir sind dann gezwungen, mehr oder weniger plausible Vermutungen anzustellen, beispielsweise die, dass der Name der Stadt in Sachsen-Anhalt auf ein hypothetisches keltisches oder „illyrisches“ Wort *hal für „Salz“ zurückgeht und etwas mit den örtlichen Salinen zu tun hat, während Lüne- das letzte Überbleibsel eines längst ausgestorbenen langobardischen Ausdrucks für „Schutz“ sein könnte (*hliuni, der Ort hieße also einfach „Schutzburg“). Leider scheint unser Magelsen eher in letztere Kategorie zu
gehören.

Magelsen in alten Urkunden

Magelsen  1771

Zum ersten Mal schriftlich erwähnt wird das Dorf wahrscheinlich in einem uns überlieferten Rechtsakt, der im Jahr 935 in der Pfalz Duisburg stattfand. Damals erschienen die Familie eines adeligen Großgrundbesitzers namens Willari und der hamburgisch-bremische Erzbischof Unni samt Rechtsbeistand vor Heinrich dem Vogler, Herzog von Sachsen und König des ostfränkischen Reiches, um sich von diesem
eine Besitzübertragung bestätigen zu lassen. Die Zeiten waren unruhig damals – in den vorangehenden Jahren waren mehrfach ungarische Nomadenkrieger in das Reich eingefallen, im Osten kämpften Heinrichs Ritter gegen die Slawen, im Norden gegen die Dänen –, und Willari, seine Frau Rasmad und ihr Sohn Thaadulf wollten sich vielleicht ein wenig Seelenheil sichern, vielleicht mussten sie auch nur Land verkaufen, um die dem königlichen Lehensherrn zu leistenden Kriegsdienste bezahlen zu können. Jedenfalls überließ Willari dem Erzbistum gegen einen gewissen Obulus seine Besitzungen „mit allen zu den Höfen gehörigen Gebäuden, Arbeitskräften, beackerten und nicht beackerten Flächen und allem, was sonst dazugehört“ in Holtgibutli (Holtebüttel), Holthem (Holtum), Folkaresha (Völkersen), Nianthorp (Nindorf), Omanthorp (Amedorf), Walle, Rikinburgi (Ritzenbergen), Dauuisla (Dauelsen) und eben auch in einem Ort namens Magulun.

Damit haben wir wohl die älteste überlieferte Form von Magelsen vor uns. Zwar scheint ein -s- zu fehlen,
aber die genannten Ortschaften liegen alle unmittelbar nördlich und westlich Verdens, also nicht allzu weit von Magelsen entfernt, und dass es früher in der näheren Umgebung ein weiteres, heute aber verschwundenes Dorf gegeben hätte, das den Gesetzen der Lautentwicklung zufolge jetzt *Magelen oder *Maglen heißen müsste, ist doch eher
unwahrscheinlich. Der Schreiber wird also den Namen falsch verstanden haben, oder aber es liegt derselbe Fall wie bei Bücken vor, das zuerst als Bokkenhusun und dann als Bukkiun erwähnt wird, sodass die ursprüngliche Form *Magulunhusun geheißen hätte (das Sternchen zeigt an, dass es sich um rekonstruierte, nicht um urkundlich belegte Namensformen handelt).

Für das Jahr 937 ist dann in der Chronik des Stifts Bücken bereits von den Siebenmeierhöfen die Rede, mit denen die Versorgung der Bücker Stiftsherren gesichert wurde. Die Chronik stammt zwar aus
dem Spämittelalter, allerdings wurde das Stift im selben Jahr von Heinrichs Sohn Otto mit Ländereien versehen, der Angabe in der Chronik kann man also wohl trauen. Möglicherweise geht der Magelser Siebenmeierhof sogar direkt auf den oben erwähnten, zwei Jahre zuvor erfolgten Verkauf Willaris zurück. Das Stift war ja erst 882 gegründet worden, un vermutlich war die wirtschaftliche Versorgung der Kanoniker am Anfang noch nicht so durchorganisiert wie in späteren Jahrhunderten.

Die nächste sichere Namensnennung Magelsen erfolgt erst wieder 1124 in der Bestätigung der Güter des Benediktiner-Klosters Rastede durch Papst Calixt II. Das Kloster im Oldenburgischen war 1091 von einem weiteren adeligen Großgrundbesitzer namens Huno und seiner Frau Willna gegründet worden, die womöglich auch eine Art Grafentitel trugen, allerdings noch nichts mit den späteren Grafen von Oldenburg zu tun hatten. Zu den Ländereien Hunos und Willnas, mit denen die Mönche beschenkt wurden – hier ging es wirklich ums Seelenheil –, gehörte offenbar auch eine Hofstelle in Magelsen, das als Magellissin in der Liste der Besitztümer aufgeführt ist. Der Grund für diese das gesamte Mittelalter durchziehenden Bestätigungen und Versicherungen von Besitztiteln durch „höhere Stellen“ besteht in der allgemeinen Rechtsunsicherheit, die erst in der frühen Neuzeit durch die Ämterverwaltung der einzelnen Territorialfürstentümer abgelöst wurde – bei Besitzstreitigkeiten war es immer günstig, eine Urkunde von König oder Papst zur Hand zu haben, um der Gegenseite Paroli bieten zu können. Die Rasteder Güter in Magelsen wurden dann auch noch zwei weitere Male, 1159 und 1190, erneut bestätigt; spätere Namensnennungen erfolgten außerdem im Zuge kleinerer Beurkundungen für Rechtsangelegenheiten der Grafen von Hoya und des örtlichen Kleinadels. Die dabei aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit überlieferten Namensformen lauten Maghelsen, Magelszen, Malsen oder sogar Magelsheim; auf alten Karten finden wir außerdem Moursen und Moursse, wobei hier allerdings die Zuverlässigkeit anzuzweifeln ist, weil die holländischen oder süddeutschen Kartografen sicher nicht alle Ortsnamen richtig wiedergegeben haben (möglicherweise liegt auch eine Verwechslung mit Morsum vor). Im heutigen Niederdeutschen nennt man den Ort Mågelsenmit offenem åwie im Schwedischen oder wie a in englisch hall.

Besiedlung der Weser-Flussaue

Magelsen  1786Ist nun die erste Überlieferung des Ortsnamens 935 auch – wenigstens ungefähr – mit den Zeitpunkt der Ortsgründunggleichzusetzen? Dazu muss man natürlich zunächstwissen, wann denn das flussnahe Marschland an der nördlichen Mittelweser überhaupt zum ersten Mal von Menschen besiedelt wurde. Diese Frage allerdings ist nicht unbedingt einfach zu beantworten: Durch die jährlichen Hochwasser sind möglicherweise vorhandene archäologische Überreste in der Regel unter dicken Schichten Auenlehm begraben, so kam etwa 1934 beim Ausheben der Baugrube fürdas Schleusenbecken in Langwedel erst nach mehreren Metern der alte Talboden samt Einbäumen und Tonwaren aus der römischen Kaiserzeit zu Tage; und was an Funden in der näheren Umgebung überhaupt gemacht wurde, ist in der Regel als Nebenprodukt größerer Erdarbeiten oder der Baustoffgewinnung in den
örtlichen Sand-, Ton- und Kiesgruben angefallen, lässt sich also schwer in einen systematischen Zusammenhang bringen.

Ackerbau scheint in dem fetten, schweren Marschboden direkt an der Weser jedenfalls erst seit Einführung des von Ochsen
gezogenen Eisenpflugs möglich zu sein. Soweit wir dies aus archäologischen Ausgrabungen im restlichen Europa wissen, sollten wir dafür als Erfinder die Kelten und als wahrscheinlichsten Zeitraum die Jahrhunderte um die Zeitenwende annehmen; die Erfindung des Sechpflugs mit Streichbrett, der endgültig eine Beackerung schwerer Böden ermöglichte, fällt sogar erst in die Zeit des fränkischen Reiches im frühen Mittelalter. Noch etwas später ist der Bau der ersten Deiche anzusetzen, der Grabungen zufolge nicht einmal an der Küste und an den Unterläufen der großen Flüsse vor dem 10./11. Jahrhundert begonnen hat. Für die vorangehenden Zeiten, etwa ab
dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, sind für dieselben Gebiete archäologisch Wurten- bzw. Warftensiedlungen erschlossen, bei denen der Hochwasserschutz durch Errichtung einer Wohnstätte auf einem künstlichen Hügel erreicht wurde. Interessanterweise finden wir eine mehr oder weniger wurtartige Ansiedlung nur wenige Kilometer stromabwärts von Magelsen in Neddernhude,auch einige Hofstellen und die Kirche in Oiste könnten dem Augenschein nach auf einer älteren Wurt erbaut worden sein. Dies würde zu den Langwedeler Funden passen und eine anfängliche Nutzung der Flussaue in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechung nahelegen, wozu auch die Überreste hölzerner Brunnen aus der römischen Kaiserzeit in der Tongrube der ehemaligen Ziegelei am Südrand Hoyas passen. Auch ein Zusammenhang mit der friesischen Expansion im 6. und 7. Jahrhundert ist nicht auszuschließen: Damals siedelten viele Friesen in den ehemals chaukischen Gebieten östlich der Ems, und man kann sich vorstellen, dass einige von ihnen auch bei der Erschließung der weiter südlich gelegenen Flussmarschen eine Rolle gespielt haben (vor allem, wenn man an Orte wie Ubbendorf und Eggerikessen denkt, deren Namen auf typisch friesische Personennamen zurückgehen).

So plausibel allerdings diese Überlegungen scheinen – die Archäologie hält einige Überraschungen bereit: Nördlich von Magelsen wurde beispielsweise 1958 in einer Kiesgrube bei Dreye ein
keltisches Bronzeschwert gefunden, in Holtum-Marsch bereits 1936 ein aus Irland importierter Goldring, beides aus der frühen Eisenzeit (um 500 vuZ) stammend. Nicht weit davon entfernt gibt es in Blender – dessen Name wohl nicht zufällig so altertümlich ist – einen ebenso alten Urnenfriedhof, in Morsum und Stedebergen wurden weitere keltische Importwaren gefunden, in Hassel eine Lanzenspitze aus der Bronzezeit und sogar eine kleine Tontrommel aus der Jungsteinzeit, in Schweringen ein Grab aus der jüngeren Bronzezeit. Südlich von Nienburg, bei Wellie, wurde 1958 in einer älteren Auenlehmzone eine ganze früheisenzeitliche Siedlung ausgegraben, und in Petershagen-Ilse entdeckte man 1998 Gräber mit typisch süddeutsch-keltischem Körperschmuck, der ebenfalls auf die frühe Eisenzeit weist. All diese Fundorte liegen direkt an oder sogar in der Überschwemmungszone von Weser und Aller, es scheint also, dass in diesem Bereich bereits Menschen siedelten, bevor er tatsächlich für den Ackerbau nutzbar wurde.

Auch die Klimadaten, die in den letzten Jahrzehnten aus Bodenproben, Pollendiagrammen, Baumringen undEisbohrkernen gewonnen wurden, legen ein ganz anderes Szenario als eineBesiedlung der Auenzone erst nach der Zeitenwende nahe. Demnachwechselten in der Vorgeschichte immer wieder Perioden mit jeweils hohenoder geringem Niederschlag bzw. Temperaturen ab, und je nachdem, ob die Regenmengen für mehr oder für weniger Hochwasser sorgten, wagten sich die Menschen mit ihren Siedlungen in die fruchtbaren Täler vor oder zogen sich auf die umliegenden Hochflächen
zurück. Für den fundreichen Zeitraum um 500 vuZ etwa lassen sich niedrigere Temperaturen, aber auch weniger Niederschläge belegen – dies muss die Gefahr von Weserhochwassern verringert und möglicherweise sogar eine relativ dichte Besiedlung ermöglicht haben, die erst durch das nachfolgende, warme und feuchte Klimaoptimum um die Zeitenwende wieder ausdünnte. Dabei kann auch eine gewisse Siedlungskontinuität nicht ausgeschlossen werden, da die Ortschaften in der Flussaue oft auf kleinen, möglicherweise früher hochwasserfreien Aufwerfungen der Niederterasse liegen, die heute aufgrund des jahrhundertelangen Anschwemmens von Auenlehm nicht mehr als solche erkennbar sind.

Was die mangelhafte Nutzbarkeit durch den Pflugbau angeht, müssen wir außerdem davon ausgehen, dass die Dicke der Auenlehmdecke an der Mittelweser keine natürliche Ursachen hat, sondern vor allem auf die durch die Landwirtschaft am Oberlauf und an Werra und Fulda enorm angestiegene Bodenerosion zurückgeht. Demnach wäre der Boden in der Vorgeschichte noch viel sandiger und kieshaltiger und somit einer Beackerung leichter zugänglich gewesen; außerdem muss man damit rechnen, dass die Viehzucht in
diesen Zeiten eine größere Rolle spielte als später, und einige der Nachbardörfer Magelsen, wie Intschede, Hutbergen und Ritzenbergen, liegen alle auf natürlichen Erhöhungen der Niederterasse, die aus dem Auenlehem herausragen und müssen schon in sehr früher Zeit eine einigermaßen sichere Wohnstätte geboten haben. Im östlich von Berlin gelegenen Großen Oderbruch, das auch landschaftlich stark an das Aller-Weser-Dreieck erinnert, gibt es eine interessante Parallele in historischer Zeit: In den dortigen Urwäldern in der Flussniederung lebte bis zur Regulierung der Oder unter Friedrich dem Großen im 18. Jahrhundert eine slawische Vorbevölkerung vom Fischfang und vom Heu, das im Spätsommer nach dem Trockenfallen der Altarme auf den Auenwiesen gemäht wurde. Die Dörfer bestanden aus kleinen Lehmkaten, die durch Wälle aus Kuhmist gegen das Wasser geschützt waren, und das meistgebrauchte Verkehrsmittel warenkleine Kähne, mit denen die Bewohner von einer Ortschaft zur anderen stakten, ganz ähnlich wie noch heute bei den Sorben im Spreewald. Zwar gibt es keine archäologischen Hinweise auf eine solche Wirtschaftsweise in der Weserniederung, aber ausschließen lässt sie sich natürlich ebensowenig, und in diesem Zusammenhang fällt beispielsweise auf, dass Magelsen sich längs eines heute fast ausgetrockneten Altarms (der verbleibende Rest wird als „Magelser See“ bezeichnet) erstreckt und die Bebauung im Kernbereich neben der Kirche im Vergleich zu den großen alten Vollmeierstellen an den Süd- und Nordrändern des Dorfs eher kleinteilig ausfällt. Ein ebensolcher Hinweis ist die Deutung der Ortsnamens Hoya als „die Heuwiesen“.

Für die Besiedlung der Flussauen am Zusammenfluss von Weser und Aller zeichnen sich also drei Möglichkeiten ab: Zunächst könnte es schon lange vor der vollen landwirtschaftlichen Erschließung eisen-, bronze- oder sogar steinzeitliche Pioniere gegeben haben, die sich von Fischfang und etwas Viehzucht ernährt haben; hierbei ist es allerdings eher unwahrscheinlich, dass die entsprechenden Siedlungen wirklich über die Zeitenwende hinaus kontinuierlich bewohnt waren und ihren Namen sozusagen „weitervererbt“ hätten. Weiterhin könnte eine Besiedlung in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, gegebenenfalls auf einzelnen wurtenartigen Erhöhungen, durch Großbauern mit Eisenpflügen und Ochsengespannen erfolgt sein, und schließlich ist es ebenso wenig auszuschließen, dass erst die im fränkischen Reich des 9. und 10. Jahrhunderts verbreiteten neuen Technologien wie Deichbau oder Sechpflug eine permanente Nutzung des Marschlands durch den Menschen und die Gründung der heute darin liegenden Ortschaften ermöglichten. Für eine Besiedlung schon während des zuerst genannten Zeitraums gibt es immerhin einige archäologische Hinweise, für den zweiten Zeitraum sprechen technologische Überlegungen, und erst für die Ansiedlung im Verlauf des dritten Zeitraums gibt es sichere, teilweise bereits urkundliche Belege. Zuletzt wäre natürlich noch die Variante zu nennen, dass nicht nur eine, sondern alle drei Besiedlungen tatsächlich stattgefunden haben und es immer nur eine gewisse Überlagerung der jeweiligen Vorbevölkerung gegeben hat, wobei dann jede „Einwandererschicht“ ihre Spuren bei den Ortsnamen hinterlassen hätte.

Der geheimnisvolle „Magel“

Magelsen  1899Gibt es nun eine überzeugende Erklärung des Namens Magelsen, die man mit den vorstehenden Hypothesen zur Besiedlung der Flussaue in Verbindung bringen kann und die den Anforderungen der Ortnamenforschung standhält? Versuchen wir einmal, ein wenig zu spekulieren: Zunächst müssen wir wissen, in welcher Sprache der Ort möglicherweise benannt wurde. Die ältesten erhaltenen Sprachdenkmäler aus Norddeutschland sind in einem Vorläufer des heutigen Niedersachsenplatt, dem sogenannten Altniederdeutschen (auch Altsächsisch oder Altniedersächisch genannt) abgefasst, darunter der Hêliand, eine freie literarische Bearbeitung des neuen Testaments, die uns den Großteil des Sprachmaterials aus dieser Zeit liefert. In diesem Zusammenhang sind aber auch Sprachzeugnisse aus dem Altenglischen von Bedeutung, weil die Angelsachsen nach neueren Forschungen ihre Wurzeln nicht nur in den Gebieten nördlich der Elbe, sondern vielmehr im hohen Maß im Mittelweserraum und anderen Teilen Niedersachsens hatten. Die bereits aus dem 6. und 7. Jahrhundert bekannten altenglischen Texte (das sind immerhin nur zwei Jahrhunderte nach der sächsischen Einwanderung in das von den Römern verlassene England) können uns somit wertvolle Hinweise über die Sprache liefern, die an der unteren Mittelweser vor den ersten schriftlichen Zeugnissen gesprochen wurde.

Was noch weiter zurückliegende Epochen angeht, herrscht in der Wissenschaft weitgehend Uneinigkeit: In der Regel wird davon ausgegangen, dass sich die germanischen Sprachen von Skandinavien aus nach Süden verbreitet haben; die Grenze des „Urgermanischen“ wäre dabei in etwa bei der Unterweser-Aller-Linie zu sehen, weil hier die nur archäologisch zu erfassende, in Südskandinavien, Schleswig-Holstein und Mecklenburg verbreitete Jastorfkultur endet, die man mit den frühen Germanen in Zusammenhang bringt. Südlich dieser Grenze wäre in diesem Fall mit nicht-germanischen Sprachen zu rechnen, etwa mit denen des sogenannten Nordwestblocks, bei dem es sich um ein indoeuropäisches Volk zwischen Kelten und Germanen gehandelt haben könnte, das im Verlauf der Völkerwanderung von den Germanen vereinnahmt wurde und in sprachlicher Hinsicht untergegangen ist. Es gibt einige archäologischeund sprachliche Hinweise in diese Richtung, etwa die in unserem Gebiet verbreitete eisenzeitliche Nienburger Kultur, bestimmte Ortsnamen (etwa Varste) oder die schwer germanisch zu deutenden Namen der cheruskischen Oberschicht zur Zeit der Varusschlacht (Arminius, Segestes, Sesithacus usw.), aber die Theorie ist bei Sprachwissenschaftlern und Vorgeschichtlern insgesamt eher umstritten. Für viele sind auch die Nienburger Kultur und die angrenzende Harpstedter Kultur bereits germanisch. Und inzwischen gibt es sogar die radikal neue These, das Germanische hätte sich, in welcher Form und wann auch immer, von einer Keimzelle in Südniedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus nach Norden verbreitet …

Bleiben wir zunächst beim Altniederdeutschen. Wenig Probleme bereitet hier das Grundwort -sen, das man als der Bequemlichkeit halber verkürztes Überbleibsel von -husen deuten kann, ganz wie beim nahe gelegenen Bruchhausen (historisch Brokhusen),das ja heute auf Niederdeutsch Broksenheißt. Die Endung ist in Namen wie Uphusen, Kellinghusen, Willinghusen usw. noch vollständig erhalten und begegnet uns mittel- und oberdeutsch in Sachsenhausen, Gellershausen, Witzenhausen usw., im niederländischen Sprachraum in den Ortsnamen auf -huizensowie in den entfernten dänischen Verwandten Århusoder Gallehus.Es handelt sich dabei um eine Ableitung von hus (also „Haus“), die in den ältesten Formen norddeutscher Ortsnamen in der Regel als -husun, -huson oder -husum auftritt und sich als „bei den Häusern“ deuten lässt (für die alten Lateiner unter den Lesern: Es handelt sich um einen lokativisch verwendeten altniederdeutschen Dativ Plural). Damit scheint zunächst sicher zu sein, dass der Ort von Menschen gegründet wurde, die Altniederdeutsch oder eine urgermanische Vorform davon gesprochen haben, denn andernfalls würde er kaum eine solche Endung aufweisen.

Das könnte natürlich trotzdem bedeuten, dass der erste Bestandteil des Namens, also das sogenannte Bestimmungswort Magel, schon voher zur Bezeichnung der Örtlichkeit verwendet wurde, ohne dass tatsächlich eine Siedlung vorhanden war. Und hierfür ist die Erklärung nun nicht mehr so einfach: Der
frühere Eitzendorfer Pastor Soltmann, der sich in einem 1905 erschienenen heimatkundlichen Werk (Geschichte des Kirchspiels Eitzendorf bei Hoya) Gedanken über die Ortsnamen des nördlichen
Hoyaer Lands machte, brachte einen möglichen Personennamen „Magel“ ins Spiel. Damals stellt man sich vor, die deutschen Ortsnamen würden in der Regel auf die Tätigkeit eines heroischen
Kolonisators zurückgehen, der mit seiner Sippe im Verlauf der „germanischen Landnahme“ – die man gerne in die Bronzezeit oder am besten sogar die Jungsteinzeit zurückverlegte – ein Stück
Urwald gerodet und mit seiner jeweiligen Sippschaft bevölkert hätte. Nach diesem Kolonisator wäre dann durch Anhängen eines -hausen, -heim, -ingen usw. der jeweilige Ort benannt worden, und Magelsen müsste man in dieser Interpretation als „bei den Häusern des Magel“ lesen.

In der Tat lassen sich viele Ortsnamen auf diese Weise deuten: Sigmaringen geht ohne Zweifel auf einen Sigmar zurück, Völkersen auf einen Volker, Waltershausen (in Thüringen) auf einen Walter oder Normannshausen bei Martfeld auf eine Familie Nor(d)mann, ganz wie Potterville, Carsontown oder Myersburg im Nordamerika des 19. Jahrhunderts von den Familien Potter, Carson und Meier gegründet wurden. Und nicht nur dies – im deutschen Telefonbuch findet sich auch wirklich ein Familienname Magel, der irgendwie mit unserem Magelsen zusammenhängen könnte. Zwar gab es im Frühmittelalter (und vor 935 muss die Gründung ja erfolgt sein) noch keine Familiennamen, aber dieser könnte sich ja, wie etwa bei Adam oder Karl, aus einem älteren Vornamen entwickelt haben, auf den dann unser hypothetischer Ortsgründer gehört hätte. Aber was wäre seine Bedeutung? In Grimms Wörterbuch finden wir zunächst den Eintrag Mage, darin mâg als altes Wort für „Mohn“ (altniederdeutsch mâgo), was für einen Personennamen eher nicht in Frage kommt, weiterhin aber noch altniederdeutsch mâg, ein verloren gegangenes Wort für einen Verwandschaftsgrad in der Nebenline („Schwiegervater“, „Schwiegersohn“, „Schwager“ usw.), und -el könnte eine Verkleinerungsform sein, ein magel wäre also ein „Schwiegerväterchen“ oder dergleichen. Familiennamen, die aus Verwandschaftsbezeichnungen entstehen, sind zwar eher selten, aber auch nicht ungewöhnlich (z. B. Bräutigam, Eidam und natürlich Ohm), und gerade bei Ortsnamen, die auf Personennamen zurückgehen, liegt häufig eine Koseform zugrunde.

Der Haken dabei ist, dass für das Altniederdeutsche des Hêliand keine Verkleinerungsformen belegt sind und ein solches -el eigentlich den Sprachgesetzen zufolge auf ein älteres -il oder -lin zurückgehen müsste; so finden wir etwa ein hervorragend zu dieser These passendes Magilingon, das für das Jahr 837 als ursprüngliche Form des Dorfs Mögling bei Trostberg in Oberbayern belegt ist (=„bei der Sippe des Magel“), während die für Magelsen überlieferte älteste Form Magulun ja ein -ul- enthält. Außerdem gibt es noch die ähnlichen Ortsnamen Magolsheim bei Ulm und Magalicha als frühmittelalterlichen Namen der Stadt Melk in Österreich, bei denenein ähnlicher Ursprung angenommen werden könnte, die aber ebenfalls kein -il- aufweisen. Ganz sicher ist die Sache mit den Sprachgesetzen allerdings auch nicht, denn im Gotischen gab es das Wort magula = „Jungchen“ als Verkleinerungsform von magus, wobei allerdings das angehängte -ula auch aus dem Lateinischen entlehnt sein könnte (man denke an caligaCaligula). Als letzte Möglichkeit für einen Personennamen ließe sich noch an Magel als im heutigen Niederländischen verbreitete Kurzform für Machthild (heute: Mechthild) anführen, bei dem heroischen Kolonisator hätte es sich also um eine Frau gehandelt! Auch das ist nicht unmöglich, so finden sich bei den alten Germanen ja durchaus Spuren eines matrilinearen Verwandtschaftssystems und einer wichtigen Stellung der Frau, und tatsächlich gibt es im Rhein/Maingebiet ein (heute zu Wiesbaden gehöriges) Mechthildshausen – allerdings ist nicht zu belegen, ob es im Frühmittelalter oder davor wirklich ein *Magul als Koseform von Machthild gegeben hat, und davon ganz abgesehen könnte auch eine Verwechslung mit Magel als Koseform von Magdalena vorliegen, was als biblisch-christlicher Vorname für eine hypothetische germanische Ortsgründerin sicher nicht in Frage kommt.

Interessanterweise ist in einer alten Urkunde aus dem Jahr 969 der seltene Name Magelfred überliefert, sodass Magel auch noch die Kurzform eines Ortsgründers mit diesem Namen sein könnte; in diesem Falle könnte die Ursprungsform tatsächlich *Magulunhusun lauten, da hier mit grammatisch korrektem Genitiv ein *Magulo als Koseform von Magelfred zugrunde liegen würde.

Ein Name – viele Deutungen

GermaniaInsgesamt wirkt eine Erklärung von Magel als Personenname zwar möglich, der undurchsichtigen Herleitung wegen aber auch nicht vollkommen überzeugend. Nun muss aber, wie die Beispiele Bruchhausen, Moorhausen (bei Varel) Haidhausen (Stattteil von München), Hirschhausen (bei Wetzlar), Eichenhausen (nördlich von Schweinfurt), Mühlhausen oder Burghausen zeigen, -hausen, -husun oder -sen nicht unbedingt an einen Personennamen angehängt sein, um einen Ortsnamen zu ergeben; ebenso kann das Bestimmungswort für eine Besonderheit der
Landschaft, ein bestimmtes Gebäude oder sogar eine in der Gegend häufige Tierart bzw. Pflanze stehen.

In dieser Hinsicht bieten sich – mindestens – vier weitere „Erklärungskomplexe“ für Magel an:

  1. Die oben erwähnte Mohnpflanze, altniederdeutsch mâgo, siedelt sich gerne auf trockenen Lehmböden an, von denen es ja in der ursprünglichen Auenlandschaft der Weser wenigstens im Sommer einige gegeben haben könnte (insbesondere in der durch weniger Hochwasser gekennzeichneten frühen Eisenzeit oder der warmen und trockenen Bronzezeit, siehe oben). Das -ul/-el wäre in dieser Interpretation ein Ableitungssuffix, der aus „Mohn“ so etwas wie „das Mohnhafte“ macht, etwa wie bei der Angel (aus althochdeutsch angul), wo ein indoeuropäisches ang- oder ank- = „Winkel, Gekrümmtes“ durch den ul-Suffix zu „der Gekrümmten“ wird. Magel wäre dann ein alter, ausgesprochen poetischer Landschaftsname mit
    der Bedeutung „Die Mohnreichen“ (Wiesen), an den dann später von den ersten Siedlern das germanischen Grundwort -husun angehängt worden wäre.
  2. Die nächste mögliche Erklärung geht auf die Forschungen eines etwas exzentrischen Rostocker Professors zurück, der so gut wie alle deutschen Ortsnamen auf angebliche indoeuropäische
    Bezeichnungen für „Sumpf“, „Moorwasser“, „Tümpel“ usw. zurückführen wollte (Bahlow, Hans: Deutschlands geographische Namenwelt, FaM 1985). Seine Methodik ist allerdings
    ausgesprochen wackelig: Neben immerhin nicht völlig auszuschließenden Verweisen auf die weitläufig mit dem Deutschen verwandten Sprachen Altindisch, Hethtitisch, Armenisch usw. nimmt Bahlow auch mal einfach ein „Wasserwort“ an, wenn der betreffende Ort früher in einem Feuchtgebiet gelegen haben könnte oder sich auf einen Ort reimt (!), für den dieses zutrifft. Da nun das alte Germanien in der Vorgeschichte allgemein von eher sumpfiger und mooriger Natur war, ergeben sich so absurde Folgerungen wie beispielsweise die, dass sowohl Dör- als auch Verd- verloren gegangene „Sumpfwörter“ darstellen sollen, wodurch etwa der Ort Dörverden als „Sumpf-Sumpf“ erklärt werden müsste …Ganz auszuschließen sind natürlich entsprechende Erklärungen im Einzelfall auch nicht (siehe Blender oder Hilgermissen), insbesondere was den oben erwähnten „Nordwestblock“ angeht, der ja für eine unbekannte indoeuropäische Sprache stehen würde, die vielleicht in unserer Gegend gesprochen wurde. Was Magelsen angeht, ließen sich hier als urverwandte Wörter beispielsweise keltisch *mūkino = „Sumpf“, altindisch mukljiv, slawisch mokva = „feucht“, lettisch mukls = „sumpfig“, altisländisch mygla = „Schimmel“ oder lateinisch mucus = „Schleim“ und mūgil = „Schleimfisch“ anführen, wobei der Ableitungssuffix dann wie in 1. angehängt wäre und einen sehr alten Namen *Magul für die sumpfige Bruchlandschaft an der Weser ergeben würde. Allerdings passt der Vokal –a– nicht ganz, und die Namensgebung müsste entweder ungeheuer weit in die Vergangenheit hineinreichen, um derart vage Zuordnungen zu erlauben, oder aber die geheimnisvolle Nordwestblocksprache hätte ziemlich ungewöhnliche Eigenschaften gehabt (ein indoeuropäisches *meug- hätte über *meg- zu *mag- geführt, was sonst in keiner verwandten Sprache bekannt ist). Dies ist sicher möglich, die Erklärung wirkt aber gegenüber den anderen Hypothesen nicht sehr überzeugend; immerhin hätten wir damit auch hier einen Hinweis auf die Anwesenheit von Menschen weit vor der landwirtschaftlichen Nutzung des Flussaue.
  3. Im Reigen der hypothetischen Bedeutungen von Magel sind natürlich auch die eisenzeitlichen Kelten nicht zu vergessen: Die Archäologie zeigt einen starken, von Südwest- und Mitteldeutschland ausgehenden Einfluss der keltischen Hallstatt- und Latène-Kulturen auf den Mittelweserraum, belegt unter anderem durch den oben erwähnten irischen Goldring von Holtum-Marsch, eine keltische Bronzescheibe in Stedebergen, das Hallstatt-typische Pferdegeschirr aus Leeseringen bei Nienburg oder die spätlatènezeitlichen Gräber von Petershagen-Ilse. Es ist sicher nicht auszuschließen, dass solche engen kulturellen Kontakte auch in sprachlicher Hinsicht Auswirkungen hatten, insbesondere was beispielsweise die fortschrittliche keltische Ackerbautechnik oder religiöse Vorstellungen angeht.Im Zusammenhang mit dem Ackerbau und der Einführung des eisenen Pfluges würde sich hier gemeinkeltisch *magos = „Feld“ anbieten, allerdings ist Mag- bei west- und süddeutschen Ortsnamen sicheren keltischen Ursprungs in der Regel zu May- geworden (etwa bei Mayen, siehe Hoya) oder als -magen (etwa in Dormagen) bzw. Meges- (etwa in Megesheim) erhalten, kommt also eher nicht in Frage. In religiöser Hinsicht wird es interessanter, denn aus dem römisch-keltischen Gallien ist uns eine Weiheinschrift für einen Gott namens Magalu erhalten: Buscilla sosiolegasitin Alixie Magalu („Buscilla hat dies hier in Alesia dem Magalu hingelegt“), der Name ist wahrscheinlich von gallisch magios = „groß“ abgeleitet. In diesem Zusammenhang ist es nützlich, sich die religiösen Vorstellungen unserer Altvorderen vor Augen zu halten, die ihre Götter oft in unzugänglichen Moor- oder Sumpfgegenden in Form primitiver Holzstandbilder verehrten, sodass wir etwa für den (wahrscheinlich hochwasserfreien) Bereich der Magelser Kirche ein altes, seinerzeit tief im Bruchwald versteckt gelegenes Heiligtum vermuten könnten. Mehr zu dieser heißen Spur weiter unten!
  4. In der Geographia des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert wird für das Gebiet nördlich der Elbmündung ein germanischer Volksstamm namens Saxones aufgeführt, außerdem berichtet die von dem Mönch Widukind von Corvey um 970 aufgezeichnete Herkunftssage der Sachsen von einem ersten Einfall sächsischer Krieger von der Nordsee her in den Gau Haduloha, das heutige Land Hadeln. Traditionell wird daher angenommen, dass die Angelsachsen und die Niedersachsen durch Einwanderung oder kriegerische Eroberung der ursprünglichen nordelbischen Sachsen und spätere Verschmelzung mit der jeweiligen Vorbevölkerung entstanden sind (siehe auch Holsten bei Eitzendorf). Ein Beispiel dafür könnte gerade der oben erwähnte Großgrundbesitzersohn Thaadulf sein, in dessen Name ein skandinavischer Ulf, also „Wolf“ steckt (die entsprechende althochdeutsche Form des Namens ist *Thiutwolf oder Dietwolf). In diesem Zusammenhang sollten wir also vielleicht für eine Erklärung von Magel nicht nach Süden, zu den Kelten hin, sondern vielmehr nach Skandinavien blicken, denn wie die norddeutschen Ortsnamen mit altdänisch vedel = „Furt“ zeigen (etwa Langwedel), kann man einen sprachlichen Einfluss aus dem Norden, der möglicherweise im Verlauf der Sachsenwanderungen an die Mittelweser gelangt ist, ebensowenig ausschließen wie einen keltischen aus dem Süden.Gibt es also nördlich der Elbe Hinweise auf Magel? Die gibt es in der Tat: Auf der dänischen Hauptinsel Seeland erstreckt sich ein Sumpfgebiet namens Maglemose, in Südschweden gibt es ein Maglehem, in Nordschleswig den Ort Mögeltondern,
    bei Kopenhagen ein Maglehus und eine Maglekirke, außerdem ebendort Straßennamen wie den Maglevej. Alle diese Namen gehen auf das Wort magle zurück, das man heute nur noch („maule“ ausgesprochen) in Ortsnamen findet, im Altdänischen war es aber ein ganz normaler Ausdruck, der einfach „groß“ bedeutete. Somit würde Magelsen in Wirklichkeit
    „Großhausen“ heißen und aus einer Gründung nordelbischer Raubkrieger hervorgehen, die beispielsweise im Zuge des inneren Ausbaus des neuen sächsischen Stammesherzogtums die Besiedlung der Flussauen in Angriff genommen hätten. Klingt vielversprechend.Stimmt aber vermutlich nicht: magle hat einen kurzen Vokal (wird also in etwa wie „Maggle“ ausgesprochen) und ist urverwandt mit beispielsweise gotisch mikkle und althochdeutsch michil, was zur urgermanischen Rekonstruktion *mekilaz führt, die keine allzu große Ähnlichkeit zu Magulun zeigt und sich außerdem im Hêliandauch in ganz anderer Form im Altniederdeutschen findet:thar ên aha fliutid Nîlstrômmikil („dort floss ein Wasser, der mächtige Nilstrom“). „Großhausen“ lässt sich also nur retten, wenn wir einen direkten dänischen Einfluss sowie die spätere Längung des Vokals und die aus irgendwelchen Gründen erfolgte Umwandlung von le/el bzw. il in ul annehmen wollen. Die Sache mit dem Vokal ließe sich wegen der Längung von Kurzvokalen in betonter offener Silbe, die im Spätmittelalter das Mittelniederdeutsche ebenso wie das Mittelhochdeutsche erfasste, noch relativ leicht rechtfertigen (weitere Beispiele: saggen zu sâgen, watter zu wâter oder makkon zu mâken usw.); die hypothetische Vokalentwicklung steht allerdings im genauen Gegensatz zu der sonst zu beobachtenden Tendenz zur Vokalschwächung, die in der deutschen Sprachgeschichte von ul und il in unbetonter Silbe immer zu el geführt hat. Zwar handelt es sich bei Lautgesetzen nicht um streng mathematische Zuordungen von der Art physikalischer Gesetze, sonderneher um statistische Wahrscheinlichkeiten, trotzdem hat man auch bei solchen gerne mehrere Belege, die aber in diesem Fall zu fehlen scheinen. Undschließlich lehnen einige Wissenschaftler heute, was den direkten dänischen Einfluss angeht, eine nordelbische Herkunftder Sachsen ab: Die älteste erhaltene Abschrift der ptolemäischen Geographie stammt aus dem 13. Jahrhundert, es könnte also gut sein, dass ein mittelalterlicher Kopist die bei Tacitus für eine Region irgendwo nördlich der Elbe genannten Avionesdurch die im vertrauteren Saxones ersetzt hat; darüber hinaus weisen Vergleiche englischer mit norddeutschen Ortsnamen eher
    auf angelsächsische Wurzeln im Wesergebiet oder Ostfalen als auf solche in Schleswig-Holstein.

Die Leser, die bis hierhin bei der Stange geblieben sind, dürfen aufatmen: Wir sind fast am Ende angelangt und haben nur noch eine letzte Deutung von Magelsen zu bieten, die überdies den großen Vorteil hat, einige der vorstehend genannten Hypothesen in sich vereinen zu können … Hierzu müssen wir allerdings zum Ausgangspunkt zurückkehren und uns noch einmal näher mit Magulun beschäftigen. Die Annahme war ja, dass es sich um einen Hörfehler der königlichen Schreiber gehandelt habe und eigentlich *Magulsun heißen müsse, was ein älteres *Magulhusun
oder *Magulunhusun voraussetzt – was aber, wenn dem gar nicht der Fall war? Wie wir an Völkersen sehen, das in derselben Urkunde wie Magelsen als Folkaresha (wahrscheinlich aus *Folkaresaha
= „Volkersbach“) aufgeführt ist, sind die Grundwörter von Ortsnamen oft gar nicht so festgelegt, wie man sich das vom modernen Verständnis her denken würde, sondern wurden durchaus flexibel gehandhabt. Das wird auch durch die weiteren, im Mittelalter festgehaltenen Formen von Magelsen unterstrichen, unter denen wir ein Magellissin und sogar ein Magelsheim finden, offenbar hängt also die Schreibweise stark von der Tagesform des zuständigen Kanzleibeamten ab, oder aber die Vielfalt der Formen spiegelt tatsächlich einen eher anarchischen Gebrauch der Suffixe wieder, die vielleicht in früheren Zeiten gar nicht wirklich fest zum Namen gehörten und erst durch die schriftliche Festlegung ihre heutige Form erhielten (siehe dazu auch Hoya). Vielleicht spielt ja der Umstand eine Rolle, wie die jeweilig vorherrschende Namensform in einer bestimmten Gegend lautet? In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, kurz abzuschweifen und sich mit den Namensbedeutungen der umliegenden alten Magelser Ortsteile zu befassen.

Die alten Magelser Ortsteile

AlvesenAlvesen

Für den westlich von Magelsenam danach benannten Alveser See gelegenen Ort bietet sich auf den ersten Blick eine Deutung als „All-Wiesen“ im Sinne der mittelalterlichen Allmende an. Nun heißt altniederdeutsch „Wiese“ aber wisa, wovon kein besonders gerader Weg zu -vesen führt, und Allmende findet sich unpassenderweise als mittelniederdeutsch almene, almanie, gemene oder gemeinheit belegt, außerdem ist es eher wahrscheinlich, dass die Magelser Allmende in den Wiesen in Flussnähe (also östlich des Dorfes) lag.

Eine andere Möglichkeit ist eine archaische Deutung von Al-, das wie bei der Aller auf indoeuropäisch *el/*ol = „fließen“ zurückgehen könnte; beim Alveser See handelt es sich ja zweifellos um einen alten Weserarm. Das gleichnamige Alvesen in den Harburger Bergen sowie diverse Ortschaften mit ähnlichen Namen im südlichen Niedersachsen (Alveshausen, Alvesrode, Alvesse, Alvingen) und Schleswig-Holstein (Alvesloh), die nicht unbedingt an Flüssen liegen, sprechen aber eher gegen diese Deutung.

Eine deutlich romantischere Erklärungsmöglichkeit würde den Ort auf altniederdeutsch alf = „Alb, Elfe, Elbe“ zurückführen, die Ecke am Alveser See wäre also sozusagen ein tolkiensches „Elbenhausen“ gewesen, ein verwunschener Ort, an dem unsere Vorfahren die Naturgeister im Sonnenlicht spielen sahen … Tatsächlich liegt wahrscheinlich ein Personenname wie Adalfrid, Alwin, Alverd oder Alvirik, eventuell mit zu [v] assimilierten [f] zugrunde (das -v- in Alvesen wird vor Ort noch heute teils wie <f>, teils wie <w> gesprochen), und das -sen geht auf ein verkürztes -husun zurück. Der Ort hätte also beispielsweise *Alverikeshusun nach einem Ortsgründer Alverik (immerhin mit elbischem Bezug = Alberich) geheißen, was im Laufe der Zeit zu Alvesen verkürzt worden wurde (zu starken Verschleifungen siehe auch Oiste).

Dahlhausen

Der erst im 16. Jahrhundert als Dahlenhusen belegte Ort liegt direkt an der Weser und scheint daher auf den ersten Blick auf altniederdeutsch dal =„Tal“ zurückzugehen. Nun müsste dafür aber grammatisch korrekt ein altniederdeutsches *Dalahusun zugrunde liegen, was nicht ganz zu dem Dahlen- passt, das eher nach einem älteren *Dalun aussieht, was bereits Dativ Plural wäre. Zudem zeichnet sich der hiesige Flusslauf nicht gerade durch einen talartigen Einschnitt aus, die Erklärung funktioniert also nur, wenn dal früher allgemein „Verlauf des Flusses“ bedeutet hätte, was nicht nachgewiesen, aber immerhin plausibel ist.

Dahlhausen

Möglich wäre entweder ein sehr alter Ortsname, denn dal geht vermutlich auf ein älteres indoeuropäisches *dhel- mir der Bedeutung „Biegung, Krümmung“ zurück, oder man müsste ein verschliffenes *Dalmann oder dergleichen als Personennamen des Ortsgründers annehmen, allerdings findet sich ein sicher belegtes Dal– in Personennamen nur im viel weiter östlich gelegenen deutsch-slawischen Kontaktgebiet (als Kurzform von Dalimir oder Dalibor). Hypothetisch möglich ist auch ein Ortsgründer namens Dalbert (im verwandten Altenglischen häufig vorkommend) mit Koseform *Dalo, deren Genitiv *Dalun gelautet hätte.

Die eleganteste Lösung ist wohl ein älteres *Dalun oder *Dalum = „im Tal“ oder „im (Weser-)Bogen“ bzw. als Verschleifung von *Dahlhem, *Dahlina = „Talheim, Wohnstätte im Tal“ (vgl. Dahlum bei Schöppenstedt), das irgendwann nicht mehr verstanden und im Verlauf einer erneuten Besiedlung mit einem eigentlich überflüssigen zusätzlichen -husun versehen wurde.

Obernhude

Dieser Einzelhof („die obere Hude“) ist im Zusammenhang mit dem einige Kilometer flussabwärts gelegenen Neddernhude („die niedere Hude“) zu sehen, die früheste überlieferte Namensform aus dem 13. Jahrhundert lautet hingegen Ewekenhude. Das Wort Hude in Ortsnamen wird in der Regel mit dem mittelniederdeutschen hûde erklärt, was soviel wie „Schiffsanlegestelle“, „Stapelplatz“ usw. bedeutete (etwa bei Buxtehude oder Fischerhude). Das könnte zwar stimmen, weil sowohl Obern- als auch Neddernhude direkt an der Weser liegen, ergibt aber keinen Sinn in wirtschaflicher Hinsicht, weil es an beiden Orten eigentlich nichts zu verschiffen gibt und sicher auch im Frühmittelalter nicht gab. Einen besseren Hinweis gibt uns die Verfassung der Magelser Bauerschaft von 1709, in der Hude im Sinn von „Hüteweide, Viehweide, Hütung“ verwendet wird. Zusammen mit dem „Eweke“, einer mittelniederdeutschen Koseform von Eberhardt ergibt sich die Bedeutung „Eberhardts Weide“. Neddernhude findet man zuerst als Heinokanhude belegt, was soviel wie „Heinrichs Weide“ bedeutet.

Eggerikessen

Diesen Ort gibt es heute nicht mehr, er wird aber in mittelalterlichen Urkunden als in der Nähe von Magelsen, „nach der Weser hin“ liegend aufgeführt. Irgendwann nach seiner letzten
Erwähnung 1281 muss er durch eine Weserflut untergegangen sein, vielleicht durch das große Julihochwasser von 1342, durch das seinerzeit fast die ganze Stadt Münden zerstört wurde. Dabei datiert seine Ersterwähnung sogar noch vor der Magelsens: Zwischen 780 und 790 soll der heilige Willehad in einem Ort namens Eggrikeshusun im Largau eine Krüppelin geheilt haben, und in Ermangelung ähnlicher Namen in der näheren Umgebung muss es sich dabei um das spätere Eccerkessen, Eggerikessen bzw. Egerkessen gehandelt haben, wie der Ort dann im weiteren Verlauf des Mittelalters genannt wurde. Die Namensformen lassen sich alle problemlos auf den friesischen Namen Eggerik (von altfriesisch egg = „Schwert“ + rik = „mächtig“)
mit angehängtem -husun zurückführen, der Ort wurde also offenbar von einem Kolonisator gleichen Namens gegründet. Wie schon oben erwähnt, zeigt sich hier ein gewisser friesischer Einfluss, der vielleicht mit der friesischen Expansion im 6. und 7. Jahrhundert zu tun hat, und da der Ortsname zweihundert Jahre später noch kaum Verschleifungen aufweist, liegt die Ortsgründung sicher auch nicht viel weiter zurück.

Wiehusen

Auch diese einzelne, direkt an der Weser gelegene Hofstelle, die noch auf der kurhannoverschen Landesaufnahme von 1771 eingezeichnet ist, muss durch eine Weserflut untergegangen sein; der dortige Flurname lautet noch heute in de Wiehen. Zu den Erklärungen von Wie- siehe Wienbergen, vermutlich liegt dieselbe Wurzel vor, an die hier ein -husen angehängt wurde.

Die mächtigen Götter

Wie wir gesehen haben, ist Magelsen – von Obernhude abgesehen – von lauter Orten umgeben, die sich plausibel mit einem Grundwort -husun erklären lassen, bei den meisten ist außerdem als Grundlage ein Kolonisatorenname vorauszusetzen. Nehmen wir also an, der Ort hätte wirklich ursprünglich Magulun geheißen, im Laufe der Zeit wäre aber immer öfter aufgrund der Macht der Gewohnheit, beispielsweise der häufigen gleichzeitigen Erwähnung mit den umliegenden Dörfern, ein -husen oder –sen angehängt worden, was schließlich zu der späteren Form Magelsen geführt hätte.
Interessanterweise lässt sich dieses Magulun dann ganz problemslos deuten, allerdings müssen wir dafür, wie zu Beginn schon angedeutet, auf das Altenglische ausweichen: Hier finden wir ein Adjektiv namens méagol (übrigens von Tolkien in „Der Herr der Ringe“ als Name für die Mutter Sméagols verwendet), das den üblichen Lautgesetzen zufolge auf ein urgermanisches, allerdings nicht belegtes *magulaz zurückgehen müsste, was im Altniederdeutschen wiederum ein, ebenfalls nicht belegtes, *magul ergeben hätte (eventuell eine dialektale Nebenform zu dem oben erwähnten mikil). Die Bedeutung lautet mächtig, stark, kräftig usw., und eigentlich gibt es dafür in allen genannten germanischen Sprachen bereits das „normale“ Adjektiv mächtig (gotisch mahteigs, altniederdeutsch mahtig, altenglisch meahtig usw., das h jeweils als ch ausgesprochen), weswegen man vielleicht einen Lehneinfluss durch das oben erwähnte genannte gallokeltische magios, möglicherweise sogar über den Götternamen Magalu („der Große, der Mächtige“) annehmen sollte.

Die Form Magulun kann nun allerdings in grammatischer Hinsicht als Dativ Plural oder adjektivischer Dativ Singular weiblich gelesen werden, was eine Lesart von „bei den Mächtigen (Göttern)“ oder „bei der Mächtigen (Göttin)“ ergibt. Zwar ließe sich außerdem noch annehmen, dass sich etwa eine Siedlergenossenschaft beim Vordringen in die Flussaue als „die Mächtigen“ bezeichnet hat oder eine solche Gruppe tatsächlich von einer Frau angeführt wurde, aber die vorstehende Argumentation legt doch eher eine religiöse Deutung als Ort nahe, an dem den mächtigen Göttern oder einer ebensolchen Göttin gehuldigt wurde.

Turmfundament Magelser KircheEbenso plausibel ist aber noch eine andere Interpretation: Kirchen wurden nach der Christianisierung ja häufig an Orten gebaut, die bereits vorher religiöse Kultstätten waren. In diesem Zusammenhang ist es nicht uninteresaant, dass einige der in den Turmfundamenten der Magelser Kirche verbauten Feldsteine (siehe Abbildung rechts) neben den typischen Wetzrillen, die vermutlich im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit für das Schärfen von Waffen oder Sensen verwendet wurden, auch sogenannte „Steinnäpfchen“ aufweisen, die sich häufig auf den Decksteinen alter Megalithgräber finden; möglicherweise stand also an dieser Stelle früher ein solches Grab, dessen Steine dann später für den Kirchenbau verwendet wurden. In einer neueren Untersuchung zur Religion der Megalithkultur (Mahlstedt, Ina: Die religiöse Welt der Jungsteinzeit, Stuttgart 2004) wird eine kultische Bedeutung der sonst nur als Kollektivgräber gedeuteten Megalithbauten nahegelegt, die ja in einigen Fällen durchaus noch bis ins Mittelalter hinein als vage Erinnerung durch die Volksüberlieferung geisterte. Möglicherweise ging es also nicht um nur mächtige Götter, denen man den Ort geweiht hatte, sondern um mächtige Ahnen (was aber letzten Endes auf dasselbe hinauslaufen dürfte).

Genaueres nicht bekannt

Was bedeutet dies nun alles für den Zeitpunkt der Ortsgründung? Falls Magulun nur die Kurzform von *Magulunhusun darstellt, dürfte der Ort auf einen Gründer namens Magelfred (die Bedeutung wäre „mächtiger Friede“) oder ähnlich mit Koseform *Magulo zurückgehen und die Gründung in die Jahrhunderte nach der großen
angelsächsischen Auswanderungswelle nach England fallen. Sollte aber Magulun die ursprüngliche Form darstellen und unsere Argumentation stimmen, müsste ein älterer heiliger Ort für die „Mächtigen“ oder sogar eine uralte megalithische Kultstätte schon lange vor der vollen landwirtschaftlichen Erschließung der Flussaue bestanden haben, welche sich in den typischen „Kolonisatoren-Namen“ auf -husun um Magelsen herum andeutet. Diese Kultstätte müsste auf jeden Fall vor den Sachsenkriegen Karls des Großen Ende des 8. Jahrhunderts angelegt worden sein, da die Niedersachsen an der Mittelweser danach natürlich getaufte Christen waren und sicher keine Orte mehr nach ihren alten Göttern benannt
hätten. Eventuell hat es an diesem Ort tatsächlich schon in ältesten Zeiten eine gewisse Vorbevölkerung gegeben, die von Fischfang und Viehwirtschaft gelebt hat, dann aber von den Ackerbau-Pionieren überschichtet worden ist; selbst in diesem Fall sollten wir aber mit einer dauerhaft ansässigen ackerbauenden Bevölkerung (und das heißt, der tatsächlichen Ortsgründung) erst ab frühestens dem 5. Jahrhundert rechnen. Danach blieb noch genügend Zeit für die Herausbildung einer differenzierten Besitzstruktur, die es Großgrundbesitzern wie Willari im 9. und 10. Jahrhundert überhaupt erst ermöglichte, einen Teil ihrer ausgedehnten Ländereien der Kirche zu überlassen.