Ortsnamen im Hoyaer Land

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Ortsnamen Hoyaer Land

Hoya

Wenig Probleme scheint auf den ersten Blick die alte Grafenstadt zu bereiten: In der Heiligenchronik „Die Wunder des heiligen Bernward“ wird um 1050 ein königlicher Beamter namens Thietmar erwähnt, der um die Jahrtausendwende in vico Hogen iuxta Wiseram fluvium lebte, also in einer „Kaufmannssiedlung Hogen am Weserfluss“, was in der Regel auf Hoya bezogen wird. Der Name Hogen wird dabei meist als zu hōh gehörig gedeutet, also „hoch“ (in altniederdeutscher Schreibweise, die Aussprache ist wie beim heutigen Wort). Das kann eigentlich nur bedeuten, dass in vorgeschichtlicher Zeit ein Hochufer vorhanden war, das heute durch die seitdem aufgetretenen Auenlehmablagerungen nicht mehr erkennbar ist, denn Bodenerhebungen irgendwelcher Art sind ja – außer dem Weserdeich – in der näheren Umgebung nicht auszumachen, und auch der Ort selbst liegt in keiner Weise erkennbar höher als das Umland, insbesondere Alt-Hoya, das auf dem rechten Flussufer auf einer heute nicht mehr erkennbaren Flussinsel liegt. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich „hoch“ entweder auf die erste Burg an diesem Weserübergang („die hohe Feste“) oder den Übergang selbst („die hohe Furt“) bezieht. Die Deutung als „hohe Feste“ wird immerhin durch den Flurnamen Alte Hoya für das Gelände um den früheren Bahnhof gestützt; dort hat sich einer Anmerkung des Barock-Kartografen Matthäus Merian zufolge bis 1295 eine erste Burganlage befunden, die später durch das heutige Grafenschloss auf dem rechten Weserufer ersetzt wurde. Ebenso ist in den Verwaltungsakten der Grafschaft oft von „der Hoya“ die Rede, wenn es um die Burg geht.Für das Spätmittelalter sind dann mehrere Formen des Ortsnamens überliefert: Als etwa Graf Gerhard III. im Jahr 1358 von den Zinnen seiner Festung herab den Bremer Kriegsschiffen eine lange Nase dreht, weil sie es mit ihren Pechschleudern im strömenden Regen nicht schaffen, das Bauwerk in Brand zu setzen, schleudert er ihnen ein höhnisches Wanne, stolten Lüde! Wilt jy my de Hogen afwinnen? entgegen („Holla, ihr stolzen Leute! Wollt ihr mir die Hogen abgewinnen?“), im mündlichen Gebrauch schien sich also nichts geändert zu haben. Daneben finden wir aber auch in einer viel früher, das heißt um etwa 1260 entstandenen Artusdichtung, dem sogenannten „Jüngeren Titurel“, dass der Ort plötzlich Hoie genannt wird, und der der Minnesänger Frauenlob besingt Graf Gerhard II. nur wenig später als helt von der Hoye. Um die Verwirrung noch zu steigern, nennt sich ebendieser auf seinem von 1281 datierenden Siegel schon ganz modern Gerhardus de Hoya, auf der ältesten erhaltenen Karte der Diözese Bremen von 1585 ist der Ort aber immer noch als Hoye eingezeichnet.

Für dieses Durcheinander sind zwei Spracheigentümlichkeiten verantwortlich: Zum einen gibt es offenbar im Verlauf des Mittelalters eine mehr oder weniger starke Tendenz, -g- in der Wortmitte von Ortsnamen zu -j- (meist „y“ geschrieben) oder -i- zu verschleifen. Davon betroffen sind beispielsweise das zwischen Höxter und Detmold gelegene Oeynhausen, das früher Ogenhusen hieß, oder Mayen, das zuerst als Meginovelt belegt ist, aber vor allem im nördlichen Mittelweserraum häufen sich die Fundstellen: Overen Buegen und Neddern Buegen (im Wienberger Weserbogen) werden zu Oberboyen und Niederboyen, die Ortsteile der Gemeinde Weyhe sind in alten Urkunden um 1300 noch als Kerckwege und Suthweige genannt, und auch Dreye geht wahrscheinlich auf ein älteres *Drēge zurück. Darüber hinaus dürfte Barrien ein älteres *Bargen zugrunde liegen, das hervorragend zu der Lage der Siedlung am Anberg der Syker hohen Geest passt, und so wird eben auch Hogen zu Hoye beziehungsweise de Hoyen, letztere Form ist aus der Zeit um 1500 überliefert. Eine gleichartige Entwicklung von Ortsnamen finden wir übrigens interessanterweise auch in Dänemark (vergleiche Eystrup) sowie – nicht auf Ortsnamen beschränkt – viel weiter östlich, in den Dialekten Brandenburgs bzw. des früheren Hinterpommerns oder Ostpreußens, wo man ja bekanntlich „jejen die Rejierung“ sein kann oder „Sand inne Oojen jefloojen“ kommt.

Das zweite Phänomen besteht in einer Marotte der kaiserlichen Kanzleischreiber, die bei Ortsnamen, die auf unbetontem -e auslauteten, gerne stattdessen ein lateinisch angehauchtes -a setzten, was dann von den Schreibern der kleineren Adelshöfe dann eifrig nachgeahmt wurde. Der Grund für diese Mode mag – neben dem Wunsch, besonders gelehrt zu klingen – in einer unbewussten Angleichung an Namen wie Jena, Nebra oder Fulda liegen (deren a-Endung von –aha, einem alten Wort für „Wasser“ kommt), möglicherweise ging es aber auch um eine „besonders deutliche Aussprache“ beim Diktieren der Urkunden oder um eine Unterscheidung zu anderen Namen; so heißt etwa das Magelsen an der alten Weserfährstelle gegenüberliegende Rieda noch im 18. Jahrhundert Riede, und in diesem Fall wird man das -a eingeführt haben, um es gegenüber dem gleichnamigen Ort zwischen Thedinghausen und Weyhe abzusetzen. Was auch immer die Ursache letztendlich war, durch den amtlichen Sprachusus erhielten jedenfalls unter anderem die Ortsnamen Apolda (früher Apolde), Bischoffswerda (früher Bischoffswerde), Rheda (früher Rethe), Vechta (früher Vechte) und eben auch Hoya ihre heutige Form, und aufgrund des hohen Ansehens der kaiserlichen Kanzleisprache (aus der sich die moderne hochdeutsche Sprache entwickelt hat) ging die veränderte Schreibung dann schließlich in den mündlichen Gebrauch über.

Dies ist im Wesentlichen die Deutung des Namens Hoya, wie man sie in älteren regionalgeschichtlichen Werken oder – in verkürzter Form – in Ortsnamenlexika findet, etwa dem Duden-Bändchen „Geographische Ortsnamen in Deutschland“ (2. Auflage 1999). Leider hat die Sache einen kleinen Haken: Um von Hogen nach Hoye kommen zu können, haben wir ein -n unterschlagen müssen, außerdem benutzt Graf Gerhard 1358 den bestimmten Artikel und spricht von de Hogen, was auffallend zum heutigen niederdeutschen Namen von Hoya passt, der de Haaien lautet. Ohne die schriftliche Fixierung durch die Kanzleisprache hat die „natürliche“ Sprachentwicklung also offenbar von de Hogen über de Hoyen zu de Haaien geführt, aber wenn dies „die Hohe“ bedeuten sollte, müsste es sowohl in Gerhards Muttersprache, dem Mittelniederdeutschen, als auch im heutigen Niederdeutschen de Hoge heißen, also ohne -n stehen. Liegt also ein Plural zugrunde, etwa „die Hohen“, so wie man früher die in Magelsen gegenüber der Hausnummer 10 abgehende Straße „die Specken“ nannte? Aber was wäre dann damit gemeint?

Darüber hinaus ist die Frage der Lautentwicklung von nicht unwesentlicher Bedeutung. Bei einer Herleitung von hōh sollte die heutige niederdeutsche Namensform eigentlich keine Öffnung des Vokals zu -a- aufweisen, sondern müsste wie der das normale niederdeutsche Wort hoge ausgesprochen werden (also mit [ou]-Laut wie im englischen boat). In diesem Zusammenhang ist es außerdem fraglich, ob der Name im Mittelalter bereits wie heute ein geschlossenes „o“ aufwies („Hoh-je“ bzw. „Hoh-ja“), was bei einer Herleitung von hōh ebenfalls naheliegend wäre. Die Stelle im „Jüngeren Titurel“ von 1260 spricht eher dagegen, denn dort reimt sich Hoie auf Urrepans de Tschoie, den Namen der Gralsträgerin, der wohl, da er die Eindeutschung des altfranzösischen joie darstellt, mit kurzem offenen Vokal (also wie „Tscheue“) ausgesprochen wurde. Es wäre auch eher verwunderlich, wenn sich aus einem geschlossenen „o“ (wie in „Ofen“) das lange, offene -a- von de Haaien entwickelt hätte, während dies bei hypothetisch vorausgesetztem offenen „o“ (wie in „offen“) kaum Probleme bereitet.

Interessanterweise gibt es an einem Flachuferabschnitt der Oberweser zwischen Hameln und Bodenwerder einen Ort namens Hajen, der 1017 in einer Urkunde Kaiser Heinrichs II. als Besitz des dortigen Frauenklosters Kemnade ebenfalls unter dem Namen Hogen aufgeführt wird. Wir haben es also möglicherweise mit einer im Wesergebiet (dem ehemaligen Stammesland der Angrivarier) verbreiteten Ortsbezeichnung zu tun, die etwas mit der Lage am Fluss zu tun haben könnte. Es ist sogar gut möglich, dass mit dem 1050 erwähnten Hogen dieser Ort gemeint war, der ja wesentlich näher an Hildesheim (wo Bernward Bischof war) liegt als Hoya.

Wie dem auch sei – ein Blick ins Wörterbuch belehrt uns, dass es im Mittelniederdeutschen eine Reihe von Dialektformen namens höü, hey, hou, hog, hoyg, hoye usw. gab, die alle dasselbe bedeuteten, nämlich „Heu“. Wenn man die (schriftlich nicht belegte) sprachliche Vorform im Altniederdeutschen den uns bekannten Lautgesetzen gemäß rekonstruiert, ergibt sich das Wort *hôgi, was zu einer hypothetischen frühesten Ortsnamenform *de Hôgin und einer Deutung führt, die etwa als „die heureichen Wiesen“, „die Heuinsel“ oder dergleichen anzunehmen wäre. Dies passt hervorragend zur Lage Hoyas in den Auenwiesen der Weser, kann auch für das Hajener Flachufer am Oberlauf des Flusses angenommen werden und findet darüber hinaus viele weitere Parallelen: In Bremen-Gröpelingen ist der alte Flurname auf den Heuen in einer Straßenbezeichnung erhalten, in Groß Hehlen bei Celle gibt es einen ähnlichen Flurnamen auf den Hoyen, und im flämischen Gent ist noch heute der außerhalb der alten Stadtmauer gelegene Beginenhof Onze-Lieve-Vrouw ter Hoyen („Liebfrauenhof auf den Hoyen“) zu besichtigen, der Mitte des 13. Jahrhunderts auf einem zwischen der Schelde und dem Altarm Klein-Scheldeken gelegenen Flusswerder namens Groene Hooie oder Groene Hoye errichtet wurde. Die nahe gelegene Hooiport („Heutor“) macht deutlich, dass es auch bei dieser Benennung nicht um eine erhöhte Lage des Ortes gegangen ist. Was die Lautentwicklung von -oi- zu -ai- angeht, heißt „Heu“ zwar heute im hiesigen Niederdeutschen Hau, es gibt anderswo aber auch die Form Hai sowie im benachbarten Friesischen Haa oder Haai, außerdem ist dort für den Monat Juli – den „Heumonat“ – die Form haaimoanne belegt, was eine parallele Lautentwicklung wie bei de Haaien nahelegt.

Die Lösung des Rätsels lautet also vermutlich, dass Heinrich Albert Oppermann recht hatte, als er Hoya in seinem Roman „Hundert Jahre“ hinter dem Inkognito „Heustedt“ verbarg: Hoya ist vermutlich sowohl hinsichtlich der a-Endung als auch, was den langen, geschlossenen o-Vokal angeht, eine rein hochdeutsch-schriftsprachliche Form, die ihre Entstehung den Kanzleigepflogenheiten verdankt und nichts mit der Bedeutung „hoch“ zu tun hat. Die mündlich verwendete alt- bis neuniederdeutsche Form des Namens scheint dagegen auf einen Ursprung hinzuweisen, der mit dem Heureichtum der örtlichen Auenwiesen zu tun hat: *de Hôginde Hogende Hoyen*de Hajende Haaien.

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Verden

Die Stadt an der Aller ist zuerst mehr oder weniger sicher 786 in Einhards Lebensbeschreibung Karls des Großen als Fardium bzw. Phardum in pago qui dicitur Sturmi („Phardum in dem Sturmi genannten Gau“) belegt, als nächstes folgen 810 und 932 die Formen Ferdi bzw. Verdiun. Die Lage an einem natürlichem Flussübergang legt eine Deutung als „bei der Furt“ nahe, allerdings lautet die entsprechende rekonstruierte altniederdeutsche Form dieses Worts *ford, hat also den falschen Vokal. Man kann nun entweder annehmen, dass ein Zusammenhang mit der hypothetischen Nordwestblocksprache vorliegt (in der beispielsweise „Furt“ eben *fard hieße), oder den Ortsnamen vom altniederdeutschen fard = „Fahrt“ herleiten, sodass eine mögliche Erklärung etwa „bei der (Über-)Fahrt“ wäre.Die Frage wird durch einen Ortsnamen Tuliphurdum bzw. Τουλίφουρδον (auch: Tulifurdun, Tulifordon oder Tulifurdon) verkompliziert, der in der Geographia des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert für einen Ort angegeben wird, der ungefähr im Gebiet der nördlichen Mittelweser gelegen haben muss. Es besteht seit jeher Uneinigkeit, ob damit Verden oder das nahe gelegene Dörverden gemeint waren, für Letzteres spricht die Vorsilbe, bei der sich allerdings die lautliche Entwicklung von Tuli– zu Dör- nicht schlüssig erklären lässt. Der Fund antiker Schiffsteile keltischer Machart aus dem 1. Jahrhundert vuZ in der Weser bei Dörverden wurde früher ebenfalls als Beleg für die Identität dieses Ortes mit Tuliphurdum angenommen, aber sicher ist dort nicht das einzige Handels -oder Kriegsschiff aus dem Süden gesunken, das jemals die Weser stromaufwärts gefahren ist, und wir wissen von antiken Schriftstellern, dass kurz nach der Zeitenwende eine römische Flotte die Weser aufwärts gefahren ist, auf deren Informationen Ptolemäos hätte zurückgreifen können.Von der Archäologie her zeigt sich ohnehin im Großen und Ganzen Verden (trotz des großen eisenzeitlichen Friedhofs in Dörverden) als der auch vorgeschichtlich wichtigere Ort, sodass Tuliphurdum wohl hier zu suchen ist. Dies würde in sprachlicher Hinsicht ein Weiterleben von nicht lautverschobenem germanischen *furduz bedeuten, welches *ford und dem heutigen Wort Furt zugrunde liegt, allerdings ist damit noch nicht geklärt, warum der Vokal später zu -a- geworden wäre; möglicherweise liegen nicht mehr rekonstruierbare Dialektverhältnisse oder Kopistenfehler beim Anfertigen der mittelalterlichen Abschriften zugrunde (siehe die Variante Tulifordon).Nicht ganz einfach zu beantworten ist auch die Frage nach der Bedeutung von Tuli-, das in dieser Deutung irgendwann weggefallen sein muss. Man könnte eine Ableitung von indoeuropäisch tel- = „tragen“ annehmen, aber dann müsste es entsprechend der germanischen Lautverschiebung *þulifurdun (þ = th wie im Englischen) heißen, was Römer und Griechen vermutlich als *Thulifurdum wiedergegeben hätten. Außerdem ist eine „Tragefurt“ weder in semantischer noch in morphologischer Hinsicht besonders befriedigend, und man müsste wieder auf ein unbekanntes Nordwestblockwort ausweichen, um den falschen Anlaut zu erklären.Eine wesentlich elegantere Möglichkeit bestünde demgegenüber etwa darin, Tuli- als örtliche germanische Dialektform aufzufassen, die von der indoeuropäischen Wurzel del- = „spalten, teilen“ abgleitet ist und im Deutschen unter anderem auch in dem Wort (Haar-)Tolle überlebt hat. Die Bezeichnung würde sich dann auf die Aufspaltung des Flusslaufs der Aller vor Verden beziehen und eine Bedeutung als etwa „Gabelfurt“ oder „Zweierfurt“ nahelegen (falls der Doppellauf bereits in ältester Zeit bestanden hat). Und es gibt sogar eine noch elegantere Möglichkeit, da einige Sprachwissenschaftler das Wort Zoll nicht nur (wie sonst üblich) als Lehnwort aus einem vulgärlateinischen toloneum ableiten, sondern ein germanisches *tulla annehmen, das aus derselben Wurzel del- wie oben, aber in der Bedeutung von „zählen“ stammen würde. In dieser Interpretation würde sich für Tuliphurdum als Bedeutung einfach „Zollfurt“ ergeben, was hervorragend zur exponierten Lage Verdens am alten Handelsweg von Minden nach Hamburg passt und die vorgeschichtliche Bedeutung als regionales Machtzentrum unterstreicht. 

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Eitzendorf

Zum ersten Mal 1124 als Etzendorpe, dann um 1250 als Etziendorp belegt. Pastor Soltmann nahm auch hier an, dass der Ortsname auf eine Gründerpersönlichkeit mit dem Namen Etzo oder Eitzo zurückgeht, deren Name sich tatsächlich in alten Urkunden als althochdeutsch Îtzo, Eitzo, Egitzo oder Agitzo findet und die Grundlage des Familiennamens Eitzinger (= „die Leute des Eitzo“) bildet. Problematisch ist hierbei, dass der Name nur in Süddeutschland belegt ist und auch typische Anzeichen der oberdeutschen Lautverschiebung zeigt, wie etwa den Übergang von langem î zu ei. Wir müssten also annehmen, dass der Ortsgründer aus dem Bayerischen zugewandert wäre, was einigermaßen unwahrscheinlich ist.

Wesentlich eleganter lässt sich der Name erklären, wenn wir ihn mit ähnlichen norddeutschen Ortsnamen wie Celle (aus Kellu, Kiellu), Zeven (aus Kevena, Kivinana), Itzehoe (aus Ekeho, „Eichenwald“) oder dem nahegelegenen Ritzenbergen (aus Rikinburgi) zusammenbringen, bei denen sich jeweils ein gesprochenes k vor hellem Vokal im Laufe der Zeit in ein gesprochenes tz verwandelt hat. Wir kennen dieses als „Zetazismus“ bezeichnete Phänomen auch aus dem Lateinischen, wo Cäsar („Tzähsar“) zur klassischen Zeit „Kaissar“ ausgesprochen wurde, oder bei der mittelalterlichen Eindeutschung von Matilde di Toscana zu Mathilde von Tuszien. Die Ursache der Lautverschiebung im Mittelniederdeutschen hängt offenbar mit einer gleichzeitigen Entwicklung im benachbarten Englischen und Friesischen zusammen, bei der aus cirice = „Kirche“ und cyse = „Käse“ (c gesprochen wie k) die neuenglischen Wörter church und cheese beziehungsweise altfriesisch zerke/ziurke und zise hervorgingen. Warum sich das Phänomen aber im Niederdeutschen auf Ortsnamen beschränkt, ist vollkommen unklar, unter anderem deshalb, weil in der schriftlichen Überlieferung zwischen dem Hêliand des 9. Jahrunderts und der ältesten erhaltenen Handschift des Sachsenspiegels aus der Zeit kurz vor 1300 eine ziemlich große Lücke klafft, aus der so gut wie keine Zeugnisse überliefert sind. Möglicherweise handelte es sich in Wirklichkeit um eine Entwicklung der gesamten Sprache, die später durch den Einfluss des Hochdeutschen wieder zurückgedrängt wurde und nur bei Ortsnamen erhalten blieb (insbesondere scheinen Namen mit ēk = „Eiche“, bōk = „Buche“ und bēke = „Bach“ betroffen zu sein, siehe Wesche, H.: Zetazismus in niedersächsischen Flurnamen. In: Indogermanica. Fs. fW Krause, Heidelberg 1960, 230-248).

Auf Etziendorp angewendet ergibt sich damit jedenfalls eine Rekonstruktion namens *Ēkiendorpe, noch früher *Ēkenthorpe, was im frühen Altniederdeutschen einfach „Eichendorf“ bedeutet hätte. Auf der kurhannoverschen Landesaufnahme erkennen wir noch ein riesiges, halb zusammenhängendes Waldgebiet vom Wiethöpen bis zum Wührden und nach Wechold, dem der Ort wahrscheinlich seinen Namen zu verdanken hat; der Oitzer Wasserzug südlich von Blender und der Morsumer Ortsteil Oetzen sind möglicherweise ebenfalls damit in Verbindung zu bringen; im englischen Derbyshire findet sich ein verwandtes Oakenthorpe. Im heutigen Niederdeutschen, das die Lautverbindung –tz– nicht kennt, wird das -t- verschluckt, und der Ort heißt Äissendörp.

Diese Erklärung hilft übrigens auch, den scheinbar nicht lokalisierbaren Ortsnamen Ekina bzw. Ekynon zu erklären, der 860 in den „Wundern des heiligen Willehad“ für den Sturmigau genannt wird. Es handelt sich dabei einfach um das südlich von Verden gelegene Eitze (historisch: Etzena, Eitzena) vor dem Einsetzen des Zetazismus, nicht um das Ekelmoor (historisch: Eikloher Moor) bei Sittensen, wie gelegentlich angenommen wurde.

Von Interesse ist außerdem noch der Name des Eitzendorfer Ortsteils Holsten, für den noch im 18. Jahrhundert ein Adelshof belegt ist. Holsten ist auch der ursprüngliche Name von Holstein, das für die Zeitenwende von Ptolemäos als anfänglicher, nordelbischer Sitz des germanischen Stammes der Saxones genannt wird, und der üblichen Namensdeutung zufolge geht es hier um das Land der Holtsati, also der „Holzsassen“ oder „Waldbewohner“ (vergleichbar finden wir 860 als Gaunamen Waldsati für die Gegend zwischen Bremen und Zeven). Wir könnten nun annehmen, dass eine ähnliche Erklärung für das Eitzendorfer Holsten zutrifft, ebenso plausibel ist aber die Hypothese, dass der Adelshof auf sächsische Edellinge aus Holstein zurückging, die hier im Verlauf der Sachsenwanderungen ansässig geworden sind und sich zum Herrscher über die einheimische Vorbevölkerung gemacht haben (allerdings saß hier im 18. Jahrhundert eine Unterabteilung derer von Wechelde).

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Wührden

Der zwischen Magelsen und Wechold gelegene zweite Siebenmeierhof in der näheren Umgebung Magelsens ist zuerst als Würden, Worden oder Woerden belegt. Die Deutung gibt zunächst Probleme auf, da der Ort der Bodenkarte zufolge auf der Niederterasse liegt und eine Herleitung von Werder = „Flussinsel“ sehr unwahrscheinlich ist. Bahlow fällt wie üblich nur „ein altes Wort für Sumpf und Moder“ ein, greifen wir also zu Grimms Wörterbuch, wo wir mittelniederdeutsch wurt, wort, wurde, worde = „ein Stück Land, worauf ein Hof mit seinen Nebengebäuden steht“ finden. Dies ist bereits die Bedeutung, da der Wührden ja von alters her ein auffällig großer Einzelhof war. Der Ausdruck leitet sich ab von urgermanisch *wurþa– = „abgesondertes Stück Land“, das wiederum auch die Grundlage der Wörter Wurt oder Werder ist. 

Oiste

Für die nördliche Nachbargemeinde Magelsens, deren Name in vielfältigen Varianten als Oste, Oesthe, Obishusen, Hoste oder Oisthausen überliefert ist, sind verschiedene Erklärungen vorgebracht worden, etwa die als Verkürzung von Oi-Stede, wobei oi als altes Word für „Insel“ interpretiert wird (vor der pommerschen Ostseeküste finden wir beispielsweise die Insel Greifswalder Oi), das zu einem nicht mehr erkennbaren Flusswerder zwischen zwei Weserarmen gehören soll, der Ort hieße also „Insel-Stätte“. Dagegen spricht, dass solche Flussinseln in Nordwestdeutschland eben in der Regel als „Werder“ bezeichnet werden (wie das Dorf an der Weser gegenüber Achim oder die Gegend um das Weserstadion in Bremen) und das Vorkommen von oi oder ø auf den baltisch-skandinavischen Raum beschränkt zu sein scheint.Prosaischer ist die Deutung des Ortsnamens, wenn wir in Oiste den allerdings reichlich verschliffenen Nachfahren des 860 in den „Wundern des heiligen Willehad“ genannten Otishusun sehen wollen. Da Otishusun im hiesigen Largau gelegen haben soll und wir keinen anderen Ort kennen, dessen heutigen Namen wir damit in Verbindung bringen können, dürfte dies die richtige Erklärung sein; die Endung –ste könnte auf den Einfluss des nahe gelegenen Varste zurückgehen. Hinsichtlich der Deutung könnte man zunächst auf „Ottoshausen“ kommen und den Namen auf einen Ortsgründer „Otto“ (altniederdeutsch Oto) beziehen, aber dann müsste es aber eigentlich grammatisch korrekt *Ottenhusun heißen, wie etwa bei dem in Nordwesteutschland häufigen Ortsnamen Ottensen oder Ottenhusen in der Schweiz (der starke Genitiv auf -s ist in Ortsnamen eher selten).Man kann allerdings auch beide Deutungen miteinander verbinden: Falls Otishusun ein Hör- oder Schreibfehler ist und das Grundwort in Wirklichkeit Obis– lautet (siehe eine der Varianten oben), könnte man den Namen wie bei dem in der Nähe Wolfsburgs gelegenen Oebisfelde auf altniederdeutsch Owe, Ove = „wasserumflossenes Wiesenland, Flussaue“ zurückführen, was ja ganz der Lage Oistes zwischen dem heutigen Flussbett der Weser und diversen Altarmen entspricht.

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Blender

Der zuerst 1186 als Blenderen belegte Ort weist in seiner Umgebung einige der ältesten Besiedlungsspuren an der nördlichen Mittelweser auf, es verwundert daher nicht, dass der Ortsname nicht von einem germanischen Kolonisatorennamen her deutbar ist. Das –en des ursprünglichen Namens (im heutigen Niederdeutschen heißt das Dorf ebenfalls noch Blendern) ließe sich noch als Verschleifung von –husun oder –hem deuten, aber Blender wirkt eher wie ein Gewässername, und ein Blick in die Wörterbücher fördert so seltsame Verwandte wie altschwedisch blena = „Bläschen“ oder altniederdeutsch bilene = „Bilsenkraut“ zu Tage. Verwandte Ortsnamen sind wohl Blenhorst bei Balge, Blindheim an der Donau (in England, wo dieser Ort wegen der dortigen Schlacht bekannt ist, wird er Blenheim genannt), der Blenne-Bach im Lottental bei Bochum (heute Bleeßbach) oder Blindheim in Norwegen.Hier haben wir wahrscheinlich einen der Fälle, wo man der Bahlow’schen Sumpfschule folgen und den Namen eines Moorgewässers annehmen sollte. In dieser Deutung folgt Blender aus indoeuropäisch *bhlendh = „trübe sein oder machen, irren, schlecht sehen“, was zu urgermanisch und altniederdeutsch *blandan = „mischen, trüben“ führt. Das englische Wort blend bedeutet noch heute „Mischung“ und ist dem deutschen Konsumenten ja als Bezeichnung für Kaffee- oder Tabakmischungen bekannt. Damit ergibt sich eine Rekonstruktion als *Blandara oder *Blendara = „trübes Wasser, Moorwasser“ (man denke an Ortsnamen wie Muddy Flats oder Muddy River in Nordamerika) zusammen mit einem stark verschliffenen –hem, –husun oder (am wahrscheinlichsten) –ina = „Wohnstätte“, siehe Varste. Wahrscheinlich trug zuerst der Blender See den Namen, der dann auf den Ort übertragen wurde.

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Varste

Der erst ab dem 13. Jahrundert sicher als Verste oder Vorste überlieferte Ort ist vielleicht mit Faristina identisch, einem Ort oder Bach, der in den (allerdings gefälschten) Gründungsurkunden der Bistümer Verden und Bremen aus der Zeit um 800 und im 11. Jahrhundert bei Adam von Bremen als Grenzangabe genannt wird (eine andere Möglichkeit dafür ist der Langwedeler Mühlenbach). Varste gehört zu den nordwestdeutschen Ortsnamen auf –ste, die von einigen Sprachwissenschaftlern als Überbleibsel der sogenannten „Nordwestblocksprache“ angesehen werden (Hachmann, R., Kossack, G., Kuhn, H.: Völker zwischen Germanen und Kelten, Neumünster 1962). Ähnliche Namen wären beispielsweise das nicht weit entfernte Leeste (1185 als Leste), Geeste, Dorsten (aus Durstina), die Oste, Hingste, Westen an der Aller (ältester Beleg Westene, vielleicht aus *Vestina) oder Segeste südlich von Hildesheim; im Lipper Land gibt es ebenfalls ein Varste.Als Bedeutung für –ina wird mitunter „Bach“ angenommen, da die Endung in vielen alten Bachnamen vorkommt, etwa beim Richer Bach (aus Ricchina), der Semme (aus Siemina) oder dem Olfenbach (aus Uluina) in Hessen. Das Element –st-, das in verschiedenen indoeuropäischen Sprachen vorkommt, soll dabei Zugehörigkeit ausdrücken, Faristina könnte also beispielsweise der „Ferkelbach“ sein, nach urgermanisch *farha, altniederdeutsch for = „Ferkel“ (Näheres zu –st– siehe Krahe, Hans: Über st-Bildungen in den germanischen und indogermanischen Sprachen, in: PBB 71 (1949), S. 225-250).Ebenso plausibel ist aber bei Ortsnamen eine allgemeine Herleitung von –ina aus urgermanisch *enn = „Wohnstatt“, vergleiche etwa altfriesisch *innia = „beherbergen, einschließen“, neuenglisch inn oder Eitze aus Ekina (= „Wohnstatt bei den Eichen“ oder „Eichenbach“?). Ein ähnlicher Fall findet sich etwa im Emsland, wo der Ortsname Borsum auf Bursina oder Brussina zurückgeht. Farist könnte dann ein sehr alter Name mit superlativischer –st-Endung sein, man denke etwa an den mythischen angelsächsischen Eroberer Hengist, den bei Caesar überlieferten Suebenfürsten Ariovist oder den cheruskischen Namen Segest(es). Die Ortsgründung würde damit in beiden Fällen weit vor die Völkerwanderungszeit zurückreichen.

Als weitere Möglichkeit ergäbe sich natürlich auch die simple Ableitung von althochdeutsch vorst = „Forst, königlicher Wald“, allerdings ist nicht bekannt, ob sich das auf alten Karten zu findende Waldgebiet Blender Holz, das hierfür am ehesten in Frage käme, in der fränkischen Zeit im Eigentum des Königs befand. Schließlich ließe sich der Ort noch als verkürztes *farstede = „Fahr-Stätte“ deuten, was sich etwa auf einen wasserfreien Durchgang im alten Bruchwald beziehen könnte, ähnlich wie bei den vorgeschichtlichen Bohlenwegen, die man im Wittemoor im Oldenburger Land entdeckt hat; eine andere Interpretation für denselben Namen wäre „Ferkel-Stätte“, z. B. wegen auffällig intensiver Schweinehaltung der Ureinwohner. Eine endgültige Klärung wird wohl nicht mehr möglich sein.

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Holtum

Holtum wurde wie Magelsen zum ersten Mal im Jahr 935 unter dem Namen Holthem erwähnt, wobei allerdings nicht klar ist, ob damit Holtum-Geest oder Holtum-Marsch gemeint war. Die Namensbedeutung bereitet allerdings in beiden Fällen keine größeren Schwierigkeiten, Holthem lässt sich als altniederdeutsch holt-hēm lesen, also „Holzheim“ (= „Siedlung im Wald“), das eben jeweils auf der Geest bzw. in der Marsch liegt.

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Hustedt

Der Name scheint sich von selbst aus niederdeutsch Hus = „Haus“ und –stedt = „Stätte“ zu erklären; allerdings ist noch erwähnenswert, das mit Hus im Mittelalter eher ein einzeln gelegenes herrschaftliches Besitztum gemeint war als ein Gebäude allgemeiner Art. Nördlich von Celle gibt es beispielsweise das Gut Hustedt, möglicherweise gab es also auch in diesem Martfelder Ortsteil früher einen Herrensitz.

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Einste

Dieser Ort in der Nähe Blenders wird zuerst 1260 als Eissensete erwähnt, was zu der Deutung „Sitz der adeligen Familie Eisse“ geführt hat. (Falls das stimmt, war die Familie vielleicht auch im nahen Eißel nördlich von Thedinghausen ansässig, das dann in *Eisse-lô zu trennen wäre = „Wald der Familie Eisse”). Dieser Name hätte allerdings nichts mit „Eisen“ zu tun (wie etwa die Familiennamen Eisner oder Eis), da das Ei– nicht aus der hochdeutschen Diphtongierung entstanden sein kann; eher liegt ein altfriesischer oder altsächsischer Name mit dem Bestandteil ēs = „Ase“ (Gott) zugrunde (was zumindest bei Eißel eine eher religiös-kultische Bedeutung nahelegt).Eine interessante Möglichkeit wäre, dass wie bei Eitzendorf ein Fall von Zetazismus vorliegt, und der ursprüngliche Ortsname in Wirklichkeit *Ēkensete oder *Ēkenstede = „Eichenstätte“ gelautet hätte. In Ermangelung früherer Belege des Ortsnamens bleibt das zwar nur Spekulation, die aber wegen der dann problemlosen Deutung von Eißel und Eissel (am Zusammenfluss von Weser und Aller) aus *Ēkenlô = „Eichwald“ ein gewisses Gewicht erlangt. 

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Morsum

Die erste Erwähnung erfolgt relativ spät 1486 als Morsum oder Lerdorpe, wobei Lerdorpe wahrscheinlich der ältere Name ist. Als Erklärung bieten sich „Viehkoppel, Pferch“ für Ler (siehe Largau) und „Moor-Heim“ oder „Morsch-Heim“ für Morsum an, wobei „morsch“ hier im Sinne einer modrigen Sumpflandschaft in der Flussaue zu verstehen wäre. Alternativ wäre noch an die Herleitung von einem Ortsgründer namens Morolf oder Morhard zu denken, dessen Rufname etwa *Mori gelautet hätte, oder an einen Zusammenhang mit urkeltisch *moro– = „Brombeere“ bzw. isländisch mori = „torffarben“.

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Langwedel

Der Ort liegt an der sogenannten „alten Aller“, durch deren Flussbett die Aller noch in der frühen Neuzeit nördlich des heutigen Flusses ihren Lauf nahm und die noch weiter zurück in der Vergangenheit auch einmal der Hauptstrom der Weser gewesen sein muss. Hier bietet sich ein Zusammenhang mit altdänisch vedel = Furt an, sodass sich die Bedeutung „Lange Furt“ ergibt, vergleiche beispielsweise Langefurt 1780 für den Danziger Stadtteil Langfuhr. Ein sehr alter Übergang ist außerdem archäologisch durch die Holzbohlen belegt, die 1934 bei den Bauarbeiten zur Schleuse Langwedel in mehreren Metern Tiefe gefunden wurden; möglicherweise ist die Ortsgründung im Zusammenhang mit der Sachsenwanderung aus dem nordelbischen Raum zu sehen (siehe Magelsen).

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Daverden

Bei diesem 1258 erstmals erwähnten Dorf auf dem Sandrücken zwischen Langwedel und Achim ist nicht ganz klar, ob die niederdeutsche Form des Ortsnamens, Davern oder Dabern, die Verschleifung eines älteren Daverden ist, oder ob letztere Form sich erst in Angleichung an das nahe Verden bzw. das südlich davon gelegene Dörverden entwickelt hat und der Ort zuerst Dabern/Davern hieß und etwa mit dem heute in Hannover eingemeindeten Davenstedt (1022 Davenstide) verwandt ist. (Interessanterweise lautet bei Dörverden der heutige niederdeutsche Name Dörbern.)Sollte Daverden zuerst kommen, wäre schon wieder an eine Furt zu denken, was aber ja auch schon für das benachbarte Langwedel angenommen wurde. Die betreffende Furt müsste also zu verschiedenen Zeiten verschieden benannt gewesen sein, oder aber die Ortsgründungen liegen zeitlich sehr weit auseinander. Die Vorsilbe Da– ist zu kurz, um irgendwelche sinnvollen Zuweisungen vorzunehmen, vielleicht handelt es sich um eine Verkürzung von dal = „Tal“. (Nicht ernstzunehmen ist die Erklärung, ein aus Bremen kommender Wanderer hätte vom Sandrücken aus die Domstadt gesehen und „Da! Verden!“ gerufen, während er dann auf dem weiteren Weg nach Süden in Dörverden gemerkt hätte, dass er „dör Verden dörkaamen“, also durch Verden hindurchgekommen wäre…)Sollte Davern oder Dabern die Grundform sein, wird die Erklärung nicht einfacher. Ähnlich klingende Namen finden sich vor allem östlich der Elbe, etwa Daber (früher auch Dobbre oder Dabern) bei Stolp in Hinterpommern oder Dabern in der Niederlausitz, ein Ortsteil Sonnewaldes. In diesen Fällen liegt aber zweifellos altslawisch dub, dabr = „Eiche“ zugrunde, da die entsprechenden Landstriche vor der deutschen Ostkolonisation slawisch besiedelt waren, was für die Mittelweser natürlich eher auszuschließen ist. Ein Blick ins Wörterbuch des Altniederdeutschen bringt uns in Teufels Küche – schließlich wollen wir den Daverdenern nicht zumuten, dass sich der Name von altniederdeutsch *dōvi = „Taubheit, Stumpfsinn“ ableitet, da wird sonst annehmen müssten, hier hätten sich in alten Zeiten die „Doofis“ Niedersachsens angesiedelt …

Wenn wir aber wegen des –n am Ende ein zugrundeliegendes *Daverina rekonstruieren, könnte wegen niederdeutsch daven = „toben, lärmen, wüten“ die Bedeutung „Wohnstätte des Tobers“ lauten, falls dies ein im Frühmittelalter gebräuchlicher Spitzname war, aber das ist natürlich auch nur gelehrte Spekulation. Die wahrscheinlichste Lösung ist eine Verbindung mit Flur- und Ortsnamen wie Taubried, Taubenfeld, Taubenaue oder Tauberfeld, die nichts mit Taubenvögeln oder Gehörlosen zu tun haben, sondern auf die alte Nebenbedeutung „trocken, dürr, öde, wertlos“ für taub bzw. altniederdeutsch *dōf zurückgehen. *Daberina oder *Daverina wäre also die „Wohnstätte auf dem schlechten Feld“, was wegen des sandigen Bodens auf dem Dünenzug sehr gut passen würde. 

Ritzenbergen

Der Ort wird 935 in derselben Urkunde wie Magelsen zum ersten Mal als Rikinburgi erwähnt. Dies lässt sich auf den Personennamen Riko zurückführen, eine Kurzform von Namen, die auf -rik enden, also etwa Diederik, Hendrik, Alverik usw. (hochdeutsch entsprechend auf -rich). Das –burgi könnte man wie bei Wienbergen als „befestigter Hof“ deuten, da aber die Landkarte tatsächlich eine leichte Erhöhung zeigt, die vielleicht auf einen alten Hügel der Niederterasse zurückgeht, der heute durch die angeschwemmte Marsch kaum noch erkennbar ist, könnte auch tatsächlich ein „Berg“ gemeint sein, und die „Burg“ wäre ein Hörfehler des Schreibers.Statt eines Personennamens wäre aber auch an *riki, altniederdeutsch für „Strecke, Hecke, Gebüsch, Gebüschstreifen“ zu denken, sodass ein Landschaftsname mit der Bedeutung „Buschberg“ zugrunde läge. Die Entwicklung von –k– zu –tz– zeigt denselben Zetazismus wie Celle oder Itzehoe (siehe Eitzendorf), ein verwandter Name ist wohl Ritzebüttel, heute ein Stadtteil von Cuxhaven.

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Hutbergen

Bei Groß- und Klein-Hutbergen dürfte der nicht ortskundige Leser zunächst versucht sein, an Hüte verschiedener Größe zu denken, aber der Vokal wird kurz ausgesprochen – es heißt also „Huttbergen“. Das Hut- könnte entweder eine Verkürzung von Hude (siehe Obernhude) oder eine Übernahme von Hütte (mit entrundetem Vokal) aus dem Mittelhochdeutschen sein, da das Wort im Altniederdeutschen nicht belegt ist. Am wahrscheinlichsten ist aber ein Ortsgründer namens Huto oder Hutto, einer Nebenform von des im Frühmittelalter weit verbreiteten Namens Udo. Da der Ort erkennbar auf einer leichten Anhöhe in der Flussaue liegt, erklärt sich das –bergen von selbst (siehe auch Ritzenbergen).

Amedorf

Dieser Ort wird in derselben Urkunde wie Magelsen zuerst 935 als Omanthorp erwähnt. Hier bietet sich zunächst ein sehr alter Zusammenhang mit indoeuropäisch *am– = „Wassergraben, Flussbett“ an (vergleiche etwa den Flussnamen Ohm), das vielleicht als *ōmo im Altniederdeutschen überlebt hat. Als zweite Möglichkeit könnte der Name von altniederdeutsch *ōm = „Mutterbruder, altehrwürdige Person“ herstammen, was beispielsweise der Rufname des Ortsgründers gewesen sein könnte; in diesem Fall passt aber der Genitiv auf –an nicht (es müsste *Omesthorp heißen). Am wahrscheinlichste ist angesichts der Lage in der Überschwemmungszone der Weser und des geschichtlich jungen Suffixes –thorp eine Gründung in der Völkerwanderungszeit mit dem Kolonisatorennamen *Amo oder *Omo, der eine Kurzform der uns überlieferten altsächsischen Vornamen Amulbald, Amulgêr usw. darstellen dürfte. Vermutlich verwandt ist der Name einer der gotischen Köngissippen, die in den lateinischen Quellen als Amali auftauchen (Amaler).Eine nicht uninteressante Deutung bringt den Namen noch mit Amisia zusammen, was eigentlich der römische Name für die Ems war, aber als Ortsname in der Beschreibung des Germanicus-Feldzugs von 15/16 auftaucht. Die Übersetzung als Ems ist in diesem Fall aus militärstrategischen Erwägungen heraus unverständlich, was zu der Überlegung geführt hat, ob der Schauplatz der Kampagne nicht die Weser gewesen sein und das Legionslager in Amedorf gelegen haben könnte. Dafür fehlt allerdings jeder archäologische Beweis.

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Intschede

Dieser 1124 zum ersten Mal erwähnte Ort liegt wie die Nachbardörfer Ritzenbergen und Amedorf mehr oder weniger direkt an der Weser auf einer Erhöhung der Niederterasse. Früher befand sich hier eine hannoversche Zollstation für die per Pferdezug flussaufwärts fahrenden Bremer Flussschiffer, sodass sich wie beim holländischen Enschede eine Erklärung wie etwa In de schede = „in der (Grenz-)Scheide“ anbietet.Nun ist aber für das Mittelalter hier eine derartige Zollstation gar nicht bekannt, und eine Grenze führte in historischer Zeit auch nie durch den Ort (die Grafschaft Hoya endete etwas weiter südlich in Oiste), der 1281 auch als Inschen belegt ist, wie der Ort noch heute im Niederdeutschen heißt. Es fällt allerdings schwer, eine sinnvolle andere Bedeutung zu finden. Verwandte Namen gibt es nicht viele in Deutschland: Ensch an der Mosel geht auf ein gallokeltisches Anciacum zurück, was hier an der Mittelweser natürlich weniger in Frage kommt; und die Ortsnamen auf –scheid liegen meist im Rheinland und in Westfalen in Mittelgebirgslagen, weswegen von der Ortsnamenforschung als Bedeutung beispielsweise „Hügelkuppe“ angenommen wird. Das lässt sich allerdings nicht ganz ausschließen, da ja die leichte Anhöhe, auf der Intschede liegt, in den Zeiten vor der mittelalterlichen Auenlehmanschwemmung noch etwas markanter gewesen sein muss als heute.Für den Namensbestandteil Int- könnten wir auf altniederdeutsch *entisk = „riesig“ zurückgreifen, beispielsweise weil der Hügel den Erstsiedlern so enorm groß vorgekommen wäre (alles ist relativ…) oder hier noch Megalithgräber aus der Jungsteinzeit gestanden hätten, was wegen der hochwasserfreien Lage ebenfalls nicht unwahrscheinlich ist. (Auf das Wort *entisk gehen übrigens die Ents im „Herrn der Ringe“ zurück, dessen Autor Tolkien ja für seine erfundene Mythologie im großen Umfang auf alte germanische Sprachen zurückgriff.) Wahrscheinlicher ist allerdings ein Zusammenhang mit dem Namen der Blender Emte, eines alten Bachlaufs, der vom Alveser See kommend an Blender vorbeiläuft und nur wenig östlich von Intschede in die Weser fließt. Die Bedeutung wäre dann etwa „Hügelkuppe an der Emte“. Letzterer Name hängt wahrscheinlich wie die Ems oder die Ohm mit indoeuropäisch *am = „Wassergraben, Flussbett“ zusammen. 

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Martfeld

Wie der Nachbarort Schwarme gehört Martfeld zu den am schwersten deutbaren Ortsnamen im Raum der nördlichen Mittelweser. In der Historisch-geographisch-statistischen Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz des Nienburger Heimatforschers Heinrich Gade aus dem Jahr 1901 wird die phantasievolle Deutung als „Märzfeld“ des alten sächsischen Stammesverbandes vorgebracht. Hierbei handelt es sich um Stammes- und Heerversammlungen im fränkischen Reich, die sich vom römischen Campus Martius herleiten, dem „Feld des Kriegsgottes Mars“ vor den Toren Roms, das in der Zeit der römischen Republik für ähnliche Zwecke verwendet wurde. Zwar hätte sich die geographische Lage Martfelds in der Mitte des alten sächsischen Stammesherzogtums zweifellos hervorragend zu solchen Zwecken geeignet, aber diese Interpretation würde bedeuten, dass die Sachsen lange vor ihrer zwangsweisen Christianisierung durch die Truppen Karls des Großen den lateinischen Begriff als Lehnwort und die Institution als Stammesrecht übernommen hätten, was eher unwahrscheinlich ist. Darüber hinaus ist der Ort zuerst 1179 als Merdvelde belegt, sodass man weniger nach Mars als nach Merd– Ausschau halten sollte. Hier bieten sich allerdings einige eher unvorteilhafte Bedeutungen an: Indoeuropäisch *mer– = „schmutzig, dunkel, stinkend“ führt etwa zu altniederdeutsch *marthar = „Marder“ („das stinkende Tier“), lateinisch merda = „Kot“, russisch smerdétь = „stinken“, oder altpreußisch smorde = „Faulbaum“, sodass sich eine Deutung als „stinkendes Feld“ ergibt, was sich vielleicht auf den Mallen bezieht, ein altes Niedermoor, das sich früher zwischen Martfeld und Eitzendorf erstreckte. Geradezu schauerlich wird es bei einer möglichen Verbindung mit indoeuropäisch *mer– = „sterben“, die zu einer Deutung als „Mordfeld“ führt. Schmeichelhafter ist die Herleitung von altniederdeutsch maritha = „Ruhmestat, Wunder“, was tatsächlich eine Bedeutung als Schlachtfeld oder dergleichen nahelegen würde. Weniger sinnvoll ist die Verbindung mit altniederdeutsch mersk = „Marsch“, da die Umgebung früher aus sandiger Vorgeest bestand und Martfeld zu weit von der Weser entfernt liegt, um mit der Flussaue in Verbindung gebracht zu werden.

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Schwarme

Dieser zuerst 1214 als Seuerne beurkundete Ort (weitere überlieferte Namensformen aus dem Mittelalter sind Swerna, Suerne, Swarn) gehört zusammen mit Martfeld und Blender sicher zu den ältesten Siedlungen in der hiesigen Region. Davon zeugten früher die vielen Urnenfriedhöfe, die bis zur Gemeinheitsteilung von 1823 vorhanden waren, ebenso wie die nahe gelegenen Megalithgräber, deren Findlingsblöcke erst Anfang des 20. Jahrhunderts für Bauzwecke gesprengt wurden. Die günstige, hochwasserfreie Lage am Rande der Sand- und Vorgeestinsel um Martfeld herum und in der Nähe der Eyterniederung, die vor dem Deichbau bei Weserhochwasser einen nicht unbeträchtlichen Teil des fruchtbaren Schwemmlands aufnahm, muss bereits sehr früh eine landwirtschaftliche Nutzung ermöglicht haben (im 17. Jahrhundert zahlten Martfeld und Schwarme sogar für den Unterhalt eines Überfalls im Weserdeich bei Hoya, um weiter auf diese Weise vom Hochwasser profitieren zu können).Entsprechend dunkel ist die Herleitung des Ortsnamens, die ähnliche Schwierigkeiten bereitet wie im Fall des wohl verwandten Schwerte bei Dortmund (962 zuerst als Suerte erwähnt). An urgermanischen Anknüpfungspunkten findet sich etwa *swer– = „surren“, die Wurzel des hochdeutschen Worts „Schwarm“, was aber für einen Ortsnamen wenig Sinn ergibt („Ort mit vielen Bienenschwärmen“?) Weiterhin wäre *swero = „Riese“ eine Möglichkeit, falls germanische Neusiedler angesichts der „Hünengraber“ einen früheren Wohnplatz von Riesen vor sich glaubten, eine Verbindung zu altenglisch swíer aus urgermanisch *sweri = Hals, Pfahl, Pfosten“ oder irgendein Zusammenhang mit dem Stammesnamen Svear (die Schweden), der von urgermanisch *saiwa = „See“ abgeleitet sein könnte. Eine Möglichkeit wäre noch eine Ableitung von dem Kolonisatorennamen Sweder (siehe Schweringen), aber in diesem Fall würde man einen der dafür typischen Suffixe wie –ingen, –heim, –husun oder –thorpe erwarten. Wahrscheinlicher ist ein im Laufe der Zeit zu –ne verschliffenes –ina in der Bedeutung „Wohnstätte“ (siehe Varste).Etwas sehr weit hergeholt, aber angesichts der möglicherweise vorgermanischen Wurzeln immerhin nicht auszuschließen ist ein Zusammenhang mit dem englischen Fluss Severn, der nach einer keltischen Gottheit Sabrina benannt sein soll (alte Fluss- und Gewässernamen sind in ganz Westeuropa erstaunlich einheitlich). Letztendlich kann aber die Bedeutung des Namens Schwarme wohl nicht mehr geklärt werden.

 

Wienbergen

Auch der Ortsname der südlichen Nachbargemeinde Magelsens stellt eine ziemliche Kopfnuss dar: Das heutige niederdeutsche Wienbargen würde direkt übersetzt „Wein-Bergen“ heißen, aber weder gibt es an dieser Stelle erkennbare Bodenerhebungen, noch kann man sich vorstellen, dass hier in der Überschwemmungszone direkt an der Weser jemals Wein angebaut worden ist … Man muss also wohl etwas um die Ecke denken.Der erste Namensbestandteil des zuerst 1179 als Winbergen belegten Ortes könnte sich von dem alten Personennamen Wino herleiten, einer Kurzform von Winifred, Winalt, Edwin, Baldwin, Godwin, Winand usw., oder von wini selbst, das im Altniederdeutschen die Bedeutung „Freund“ hatte. Ganz sicher ist das allerdings nicht, da das -i- in diesem Wort kurz gesprochen wurde, es müsste also heute eigentlich *Winnbergen heißen (bei Edwin oder Winand ist das -i- allerdings auch lang), da die Silbe geschlossen ist und daher von der Vokallängung im Mittelniederdeutschen (siehe Magelsen) nicht erfasst worden wäre. Etwas weit hergeholt scheint eine Deutung zu sein, die Wien- als Verschleifung von wīhian, altniederdeutsch für „weihen“, interpretiert, was irgendeine religiöse Bedeutung des Ortes voraussetzen würde. Möglich ist immerhin eine Verschleifung von mittelniederdeutsch wîe =„Weihe“ (dem Raubvogel).Die letzte und vermutlich richtige Deutungsmöglichkeit ergibt sich aus dem namensmäßig verwandeten Wienhausen an der Aller bei Celle. In der Nähe gibt es dort einen Bach namens Wiehe, und wahrscheinlich handelt es sich hier um den „Weidenfluss“ – entweder in der botanischen Bedeutung, da dieser Baum im örtlichen Niederdeutschen noch heute Wiehe heißt, oder als Synonym von „Wiese“. Für Letzteres sprechen die alten Flurnamen Bügerwiehe und Donatorienwiehe für die Allerwiesen südlich Verdens, die Mahndorfer Wiehe an der Weser bei Auhusen sowie der Name des untergegangenen Wiehusens im südlichen Magelsen Weserbogen, der noch heute in dem Flurnamen in de Wiehen = „in den Weiden“ erhalten ist.

Was -bergen angeht, lässt sich, wie gesagt, keine Erhebung erkennen, die aus der Schwemmlandebene hervorragt, allerdings könnte sich wie bei Amedorf eine Aufwerfung der Niederterasse unter der heutigen Bodenfläche verbergen, die aufgrund der Dicke der Auenlehmschichten nicht mehr erkennbar ist. Falls sich Wien– dann noch vom Weidenbaum herleitet, wäre Wienbergen damit interessanterweise die örtliche Version des Viminalis collis („Weidenhügel“), eines der sieben Hügel, auf denen Rom erbaut wurde.

Ist dies nicht der Fall, wird man das Wort auf „bergen“ oder „das Geborgene“ beziehen müssen, einen Schutzort inmitten von Bruchwald und Feuchtwiesen, oder auf „Burg“ als befestigten Adelshof, man vergleiche etwa das ähnlich gelegene Ritzenbergen, bei dem die Endung 935 als -burgi überliefert ist. Weitere Möglichkeiten wären ein Zusammenhang mit altniederdeutsch berke, also „Birke“, mit barg, einem alten Wort für „Scheune“ oder „Dach“ (vergleiche das englische barn oder die Bezeichnung Haubarg für die großen Bauernhäuser der Halbinsel Eiderstedt), oder mit altenglisch bearo, das heißt „Eich- oder Buchwald“. In allen diesen Fällen wäre das -bergen eine hochdeutsche Uminterpretation des niederdeutschen Wortes, was ja nicht unwahrscheinlich ist und bereits für Hoya festgestellt wurde.

Am plausibelsten ist also eine Bedeutung, die etwa „Beim Hof des Wino“, „Beim Weidenhof“ oder „Weidenhügel“ lauten könnte und auf einen Ortsgründer dieses Namens, eine Nutzung als Weideland oder auf einen charakteristischen Baumbewuchs verweist. Alternativ könnte sich eine Siedlungsgenossenschaft in die hiesige Weseraue vorgewagt haben, die die sich als „die Freunde“ bezeichneten, womit der Ort dann „bei den Höfen der Freunde“ hieße. Ebenfalls möglich ist „bei den Waldhöfen“ oder gar „im geweihten Eichwald“; sicher entscheiden kann man das heute nicht mehr.

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Hingste

Dieser aus wenigen Höfen bestehende Ort an der Weser gegenüber Barme ist zuerst als Hinxt belegt und wird gerne mit altniederdeutsch hangen = „hängen” in Verbindung gebracht, was eine Ortsbedeutung wie „Hanglage, Abhang“ oder dergleichen ergeben soll. Das ist allerdings eher unwahrscheinlich, da die Topographie hier keinerlei Abhänge zum Fluss hin aufweist und man wieder auf hypothetische, inzwischen verlandete Aufwerfungen der Niederterasse verweisen müsste; tatsächlich verlandet ist in der Umgebung aber nur eine alte Weserschleife, deren Verlauf um Hingste herum auf der Landkarte noch gut erkennbar ist.Mit Blick auf Varste (aus Faristina), Westen (aus Vestene) oder Dorsten (aus Durstina) ließe sich außerdem auch eine hypothetische Urform wie etwa *Hengistina rekonstruieren, was soviel wie „Hengst-Ort“, vielleicht „Hengst-Weide“ bedeutet hätte, oder auch „Hof des Hengist“, wenn man voraussetzen will, dass der angelsächsische Königsname Hengist bei den Vettern auf dem Kontinent auch für Großbauern in der Wesermarsch üblich gewesen sein sollte.Nichts zu tun hat der Name mit der Insel Zingst, die zuerst als Cynsk belegt ist, was sich von westslawisch *zeno = „Heu“ herleiten dürfte; allerdings mag der ähnliche Klang von Worten wie mittelniederdeutsch hingest = „Hengst“ die dortigen, aus Nordwestdeutschland stammenden Neusiedler im 13. Jahrhundert zu einer ähnlich klingenden Umlautung verleitet haben. 

Hilgermissen

Dieser Ort ist zuerst 1234 als Hilgerrmiszen belegt; kurz vorher fand hier eine Schlacht zwischen Graf Heinrich I. von Hoya und den Stedingern statt, die leider ersterer für sich entscheiden konnte. Der Sage nach stand an dem Ort ein untergegangenes Kloster, was zu einer Deutung als Hilige Messen = „Heilige Messe“ geführt hat. Nun liegt der Sage aber keinerlei historischer Kern zugrunde (eher handelt es sich um die phantasievolle Ausschmückung einer volksetymologischen Namensdeutung), außerdem wäre die Namensgebung nach einer kirchlichen Veranstaltung auch eher ungewöhnlich.Das Grundwort –missen ist wahrscheinlich eine Abschwächung des altniederdeutschen *mussian = „Sumpf, Sumpfwald“; vergleichbare Ableitungen des urgermanischen *musasind das süddeutsche Moos (Erdinger Moos, Dachauer Moos etc.) oder das dänische mose = „Moor“. Im Schwarzwald bezeichnet „Misse“ noch heute ein sumpfiges Waldstück, die Bezeichnung findet sich etwa im Straßennamen „In der Misse“ in Ebhausen. Orte namens Missen gibt es bei Elmshorn, im Allgäu und in Brandenburg.Bei Hildesheim gibt es ein 985 zuerst erwähntes Algermissen, wobei Alger wohl eine Zusammenziehung des Personennamens Adelger (Adel + ger = „Speer“) darstellt. Überträgt man diese Interpretation auf Hilgermissen, ergibt sich für das Bestimmungswort eine Herleitung von Hildeger (hiltja = „Kampf“ + ger = „Speer“), der ursprüngliche Ortsname wäre also etwa *Hiltgeresmissen und würde „Sumpfwald des Hildeger“ bedeuten. Ein ähnlicher Ortsname findet sich in Barmissen in der Nähe Kiels, das wohl „kahler Sumpfwald“ bedeutet.

 

Wechold

Hier scheint sich zunächst eine Bedeutung als „Weg-Holz, Waldstück am Weg“ anzubieten, weil sich Wechold scheinbar in niederdeutsch Wech-Holt trennen lässt. Der Name ist allerdings zuerst 1179 als Wechlede überliefert, was zu dieser Deutung nicht besonders gut passt; außerdem ist die heutige niederdeutsche Bezeichnung Wecheln, das –hold scheint also eher als hochdeutsches Missverständnis in den Namen gekommen zu sein.Wechlede ist als „Wegleite“ gedeutet worden, also als „Ort, über den der Weg führt“, was aber keine besonders gute Motivation für eine Ortsbenennung zu sein scheint; davon abgesehen ist Wegleite erst als Lehnwort in den deutschen Bibelübersetzungen der frühen Neuzeit geprägt worden, und am Ort war im Mittelalter ein Adelsgeschlecht namens von Wechelde ansässig, was eine Grundform *Wechelede nahelegt. Leider lässt sich nun sowohl für Wech– bzw. Weche- als auch für –lede eine Vielzahl von Deutungen vorbringen:Grimms Wörterbuch enthält Leede = „wüst liegendes Stück Land“, aber der Begriff ist eher aus Mitteldeutschland belegt und soll auf ein älteres niederdeutsches legte = „Niederung, Eichwald“ zurückgehen (nordfriesisch dat läiged), passt also phonetisch nicht so gut. Dann könnte –lede eine Verschleifung des Suffixes-lithi sein, der sich in vielen alten Ortsnamen findet, aber wegen seiner Deutung als „abhängendes Gelände“ ebenfalls weniger in Frage kommt: Wechold liegt auf der Niederterasse, also können hier keine hypothetischen Bodenerhebungen durch den Auenlehm verdeckt worden sein. Ein ebenfalls weit verbreitetes Grundwort von Ortsnamen ist –ithi, –ede, das als „Flur im allgemeinen“ gedeutet wird, allerdings müssten wir dann das –l– zum Bestimmungswort geben und erhielten *Wechel. Die wahrscheinlichste Lösung ist eine Herkunft von altniederdeutsch *lêda = „Leitung, Graben, Wasserlauf“, denn in vorgeschichtlicher Zeit dürfte ja die hiesige Gegend von allerlei Moorwassern, Bachläufen oder sogar Entwässerungsgräben durchzogen gewesen sein.

Die Interpretation von Wech– als „Weg“ ist ebenfalls problematisch, da der Ortsname von Anfang an mit –ch– geschrieben wurde, während die niederdeutsche Palatalisierung von –g– zu –ch– am Ende von Wörtern jüngeren Datums ist (sonst würden die Wörter nicht mit <g>, sondern mit <h> geschrieben). Eine weitere Möglichkeit ist eine Verschleifung von altniederdeutsch wido = „Wald“, das auch in anderen Ortsnamen im Lauf der Zeit zu wege oder wehe entstellt wurde. Grimms Wörterbuch informiert uns allerdings, dass Wechel ein alter Name des Kalmus (auch „Magenwurz“) ist, einer Röhrichtpflanze, die wild an Gräben, Teichrändern und Flußufern wächst, was die Deutung von *Wechelede als „Röhrichtgraben“ (mit *lêda) oder „Ort, wo viel Röhricht wächst“ (mit –ede) nahelegt. Nicht ganz auszuschließen ist auch ein Zusammenhang mit Wichel, das in einigen norddeutschen Dialekten „Weidenbaum“ bedeutet; allerdings legen ja Wiehusen, Wienbergen und der Flurname in de Wiehen bei Magelsen nahe, dass die Weide in unserer Gegend Wiehe genannt wurde (und noch wird).

990

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Ubbendorf

Dieser Ortsname lässt sich am besten durch die Annahme einer Gründerpersönlichkeit namens Ubbo erklären, einer im Mittelalter in Norddeutschland und vor allem Friesland weit verbreiteten Kurzform des Namens Ubald bzw. Hugbald („Der mit dem kühnen Sinn“). Der Genitiv von Ubbo hätte im Altniederdeutschen Ubbon oder Ubben gelautet, sodass die zuerst 1193 überlieferte Namensform Ubbenthorpe vermutlich einfach „Dorf des Ubbo“ bedeutet; die Ortsgründung kann also zu diesem Zeitpunkt nicht allzu weit in der Vergangenheit gelegen haben.

Ebenso wie das früher bei Magelsen gelegene Eggerikessen weist Ubbendorf damit einen typisch friesischen Kolonisatorennamen auf. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit der Expansion der Friesen im 6. und 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, deren Hauptrichtung von Westfriesland entlang der von den Sachsen verlassenen Küstenregionen bis zum heutigen Nordfriesland verlief, aber durchaus auch Teile des Binnenlands einbezogen haben könnte.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine allerdings unklare Verbindung mit dem germanischen Stamm der Ubier, die um die Zeitenwende in der Gegend von Köln siedelten, aber das scheint wegen der großen zeitlichen wie räumlichen Distanz wenig wahrscheinlich. Die Bahlow’sche Sumpfschule nimmt ein hypothetisches Wort *ub für Sumpf an, für das ebenfalls keinerlei aussagekräftige Belege vorliegen.

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Mehringen

Zuerst 1265 als Meringe belegt (eine auf 987 gefälhscte Urkunde des späten 13. Jahrhunderts weist die Namensform Maringen auf). Das weit verbreitete Grundwort -ingen wird in der Regel als Lokativ von -inger interpretiert, eines Ableitungssuffix, durch den aus einem Personen- ein Sippenname wird – so sind etwa die Ratzinger die Leute des Radolf oder die Eitzinger die Leute des Eitzo“; in Süddeutschland ist diese Bildung häufiger vertreten. Das bekannteste Beispiel ist Sigmaringen = „bei den Leuten des Sigmar. Mehringen könnte sich also von dem Personennamen Maro (Kurzform von Marbod usw.) herleiten und „Bei den Leuten des Maro“ bedeuten.Eine andere Erklärung würde von urgermanisch *mari = „Sumpf, Weiher, Pfuhl, Lache“ oder mar, friesisch für „Wassergraben“ ausgehen, sodass der Ort „Bei den Sumpfleuten“ oder „Bei den Leuten vom Wassergraben“ hieße. Eine weitere Möglichkeit wäre die Interpretation von –ing als Verkleinerungsform (so ist etwa Henning ein Diminutiv von Heinrich), der Name würde also „Beim kleinen Weiher“ bedeuten, was ja wegen der zahlreichen Altarme und Kolke in der Gegend nicht überraschend wäre.

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Bücken

Die erste Erwähnung dieses Ortes erfolgte wahrscheinlich im ca. 865 entstandenen Leben des heiligen Willehad, wo für das Jahr 760 ein Wunder berichtet wird, das in einem Ort namens Bokkenhusen im Largau stattgefunden haben soll: Ex pago quoque supra dicto (= Largau) de villa Bokkenhusun, quidam adolescens multo iam tempore paraliticus, ad eundem locum deductus, divino nutu incolomitati pristinae redutus, ad propria rediit sanus. Da es sonst keinen passenden Ortsnamen in der Gegend gibt, dürfte Bücken das Dorf sein, in dem dieser Gelähmte durch göttliche Einwirkung die Funktionsfähigkeit seiner Glieder zurückerhalten hat.Bereits 882 wurde das hiesige Stift durch Erzbischoft Rimbert gegründet, daher sind weitere sehr frühe Namensnennungen überliefert, etwa 937 als Bukkiun, 967 als Bukkun oder 988 als Bukkiun. Adam von Bremen führt den Ort in der Gesta Hammaburgensis um 1075 als Bucien oder Buggin auf, im Laufe des Mittelalters rundete sich der Vokal dann zu –ü-, was zu der heutigen Form führt, die auch im Niederdeutschen gleich ist.Die Ortsnamenforschung bringt Bücken mit Bückeburg und dem Bukkigau weiter weseraufwärts in Verbindung; alle Namen würden auf den Ausdruck Gebück“ zurückgehen, mit dem man im Mittelalter Grenzanlagen in Heckenform bezeichnete, die aus gebeugten („gebückten“) Gebüsch bestanden und politische Grenzen oder ganz allgemein Feldränder sicherten. Das könnte stimmen, weil Bücken offenbar an der südlichen Grenze des Largaus liegt, der Deutung entgegen steht allerdings der Umstand, dass solche Hecken an der nördlichen Mittelweser wie überhaupt in Norddeutschland Knick genannt wurden (und werden) und im Mittelalter für größere derartige Anlagen eher der Ausdruck Landwehr gebräuchlich war. Das bekannteste Beispiel für ein Gebück ist das Rheingauer Gebück in Hessen, weiter nördlich findet sich noch der Flurname auf der Buick (gesprochen „Bück“) bei Repelen am Niederrhein, wo sich im Mittelalter ebenfalls eine Landwehr befand.

Im heutigen Niederdeutschen wird Bück manchmal als Plural von Buck = „Bock“ gebraucht (örtlich heißt es allerdings eher Bock mit Plural Böck), man könnte also an eine Erklärung als „bei den Böcken“ denken, etwa weil es sich um eine alte Kultstätte des Donar gehandelt hätte (dessen Wagen von Ziegenböcken gezogen wurde), deren religiöse Bedeutung dann das Christentum ausgenutzt hätte. Allerdings passt das nicht zu Bokkenhusun, das in diesem Fall grammatisch korrekt *Bokkeshusun heißen müsste. Entweder Bukkun ist also der ältere Name, an den man ein eigentlich überflüssiges –husun gehängt hat, oder die Erklärung stimmt nicht.

Am prosaischsten (und wahrscheinlichsten) ist die Herleitung von dem Personennamen *Bokko oder Bukko (für das Frühmittelalter belegte Kurzform von Burkhardt), der gut zu der Endung auf –husun passt, von der eine eher junge Gründung nahegelegt wird. Der Genitiv von *Bokko hätte *Bokkun oder *Bokkon gelautet, also stimmt die Grammatik auch, und der Ort hieße somit einfach „Burghardtshausen“. Und das Stift wurde vermutlich weniger wegen alter germanischer Heiligtümer an dieser Stelle gegründet, sondern wegen Willehads Wunder oder weil sie weit genug südlich lag, um dem Bremer Erzbischof eine sichere Zuflucht bei Wikingerüberfällen zu bieten. 

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Hassel

Bei diesem Ort auf dem rechten Weserufer ist die Quellenlage nicht eindeutig: Die erste Erwähnung erfolgt 929 anlässlich der Errichtung der Kirche als Hastling, im weiteren Verlauf des Mittelalters ist der Name aber als Haslo (1300) oder Haszle (1359) überliefert, was wegen altniederdeutsch = „Wald“ (vergleiche etwa den Sellingsloh) zu einer Deutung als „Haselwald“ geführt hat. Der Haselstrauch hieß noch im Mittelalter auf Niederdeutsch hassel (wurde also ebenfalls mit kurzem –a– und scharfem –s- gesprochen).Tatsächlich sind hier uralte Siedlungsspuren zu finden, etwa eine Tontrommel aus der Jungsteinzeit, deren Überreste im Kreismuseum Syke zu bewundern sind. Auch die Bronzezeit ist mit einer Lanzenspitze vertreten, und so wurde die alte Richtstätte der Grafschaft am Ortseingang von Hoya her denn auch als frühere Kultstätte Wodans interpretiert, da diesem germanischen Gott der Haselstrauch heilig gewesen sei.Die Verwendung als Richtstätte ist aber nur für einen relativ späten Zeitraum belegt, und falls die Ersterwähnung als Hastling kein Hörfehler des Schreibers war (der aber nicht allzu weit entfernt im Stift Bücken saß und daher den richtigen Namen gekannt haben muss), sollte man wegen des typischen –ing auch einen Kolonisatorennamen in Betracht ziehen, beispielsweise von einer Koseform *Hasto (vergleiche den Familiennamen Hastlinger), die allerdings nicht belegt ist. Der Name wäre dann später nicht mehr verstanden und volksetymologisch als „Haselwald“ umgedeutet worden. Eine ähnliche Umdeutung hätte stattgefunden, falls ein alter Bach- oder Gewässername wie *Haste zugrunde liegt, man denke etwa an den Hastebach in Hameln oder die Ortsnamen Hastenhusen oder Hastenrath. Die Bedeutung der Haste-Namen ist allerdings unklar, und man findet –ling auch in Namen für Wald-, Sumpf- oder Hügellandschaften wie den Drömmling, den Hümmling oder den Solling, also könnten –ling und –lo auch nebeneinander (und mit gleicher Bedeutung) gebraucht worden sein, und der Name würde sich doch vom Haselstrauch herleiten.

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Eystrup

Mit Eis-, Eys– usw. beginnende Ortsname werden in der Regel mit einem Personennamen Îso– erklärtI, einer Verkürzung von alten Namen wie Isenfried ( isan = „Eisen“ + fridu = „Schutz vor Waffengewalt, Friede“) oder Isbert (isan = „Eisen“ + beraht = „glänzend“). Demnach hätte der Ortsgründer diesen Namen getragen; –trup stellt eine von Westfalen bis Dänemark häufig vorkommende Umstellung des älteren *thorpe = „Dorf“dar (wie bei Holtrup).Dies ist allerdings in diesem Fall keine sehr gute Erklärung, da der Wandel von langem î zu ey oder ei ein süddeutsches Phänomen ist und der Ort auf Niederdeutsch noch heute Eestrup ([‚eɪstrʊp]) und nicht *Ihstrup heißt, wie in diesem Fall zu erwarten wäre. Die Diphtongierung hat also wohl eine andere Ursache und verhält sich wie bei niederdeutsch Eek und hochdeutsch Eiche.Dies könnte schon ein Hinweis auf die tatsächliche Bedeung sein, da die ähnlichen dänischen bzw. schleswigschen Ortsnamen Østrup, Estrup oder Jestrup (auf Jütland; 1449 Jegstrop, 1472 Eyestrop, 1556 Jestrup) entweder auf einen alten Bachnamen Esa oder auf altdänisch eki = „Eichenwäldchen“ zurückgeführt werden; in letzterem Fall würde bei Eystrup eine ähnliche Erweichung des Mittelkonsonanten wie bei Hoya zugrundeliegen und die rekonstruierte älteste Form wäre *Ekisthorpe oder *Egisthorpe, worauf auch schon das –y– in der Schriftform des Namens schließen lässt. Eine ähnliche Erklärung gilt aber wohl auch für das verwandte Eisdorf im Harz, in der Lüneburger Heide findet sich außerdem tatsächlich ein Egestorf.Der Interpretation als „Eichenwalddorf“ entgegen steht allerdings die Beobachtung, dass nordwestdeutsche Ortsnamen mit ursprünglichem Bestandteil Ēk– = „Eiche“ eher Zetazismus als Erweichung zu –j– zeigen (siehe Eitzendorf, Eitze, Itzehoe) und der erste Namensbestandteil die falsche Genitivform hat, sodass entweder „mikro-dialektale“ Unterschiede eine Rolle spielen oder doch ein Personenname zugrundliegt, etwa Eginhard (agi = „Schrecken“ + hard = „kräftig, stark“) oder Eggerik (siehe Eggerikessen); die älteste Form wäre dann beispielsweise ebenfalls *Egisthorpe, würde aber „Dorf des Egi” bedeuten. Dies ist wohl die wahrscheinlichste Erklärung.

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Holtrup

Der Name erklärt sich mehr oder weniger von selbst: Holt bedeutet auch im heutigen Niederdeutschen noch „Holz“, –trup stellt eine von Westfalen bis Dänemark recht häufig vorkommende Umwandlung des ursprünglichen thorpe = „Dorf“ dar. Ein zugrunde liegendes *Holthorpe würde also einfach „Holz-Dorf“bzw. „Dorf im Wald“ bedeuten. Ohne die Umwandlung finden wir denselben Namen als Holtorf (niederdeutsch Holtdörp) zwischen Morsum und Thedinghausen.

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Schweringen

Der 1139 als Sveringe zum ersten Mal erwähnte Ort hat entweder denselben unklaren Ursprung wie Schwarme, oder er erklärt sich von einem Personennamen wie Sweder oder Swider (swind + heri = „mächtiger Herr“). Für die erste Erklärung sprechen die Siedlungsspuren aus der Bronzezeit, die hier archäologisch erschlossen wurden, für die zweite das für die Völkerwanderungszeit typische Grundwort -ingen, das häufig an Kolonisatorennamen angehängt wurde (siehe Mehringen).

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Dörverden

Hier scheiden sich die Geister, ob mit dem in Ptolemäos‘ Geographia genannten Ortsnamen Tuliphurdun nun dieser Ort oder das 10 km nördlich gelegene Verden (Diskussion der Namensbedeutung siehe dort) gemeint war. Möglich ist beides: Die Umgebung des auf einer hochwassersicheren Weserranddüne am Ostufer des Flusses liegenden Dörverden weist Siedlungsspuren auf, die in die Bronzezeit zurückreichen, insbesondere einen großen, von 800 vuZ bis in die Sachsenzeit durchgehend belegten Urnenfriedhof; sicher gab es also auch im 2. Jahrhundert eine mehr oder weniger bedeutende Ansiedlung, und das -verden weist möglicherweise wie bei Verden auf eine Furt hin, die allerdings im heutigen Weserlauf nicht mehr erkennbar ist. Aus dem -l- von Tuliphurdun könnte durch Metathese ein -r- geworden sein, die Weiterentwicklung von Tur- zu Dör- wäre dann aber ungewöhnlich, weil die Lautverschiebung bei den germanischen Sprachen eigentlich umgekehrt verläuft (also von d- nach t-) und niederdeutsch dör („Tür“ bzw. „durch“) normalerweise auf altniederdeutsch *dôr zurückgeht.Zudem führen hier keine alten Verkehrswege von Ost nach West über die Weser – wozu auch, auf dem anderen Ufer, bei Wienbergen, lag schließlich vor der Urbarmachung im Frühmittelalter ein undurchdringlicher Sumpfwald, und nach Osten ging es in den ebenso ungastlichen Allerbruch. Eine weniger romantische Erklärung von Dör-Verden wäre also die als „Durch-Fahrt“ auf der alten Handels- und Heerstraße nach Stade und Hamburg, die von Nienburg kommend hier in die Weser-Aller-Niederung eintritt, um an der nächsten Furt bei Verden die Aller zu queren. Natürlich riecht das ein wenig nach Volksetymologie, und es ist trotz allem möglich, dass Ptolemäos seine Gewährsleute, vermutlich römische Händler oder Soldaten, falsch verstanden hat und Tuliphurdun tatsächlich ein altes *Dorifardun, *Dorifurdun oder dergleichen zugrunde liegt; wahrscheinlicher scheint mir aber die „Verdener Lösung“ zu sein.

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Barme

Der zuerst im 11. Jahrhundert urkundlich erwähnte Ort auf der anderen Weserseite liegt mit dem alten Ortskern etwas erhöht auf einer Böschung am Flussufer. Dies erklärt bereits den Namen, denn mittelniederdeutsch barme bedeutet einfach „Böschung“, „Erdwall“ oder „Deichabhang“; im Niederländischen gibt es noch heute das Wort berme mit der gleichen Bedeutung. Barme ist also die „Siedlung an der Uferböschung“ – tatsächlich tritt ja hier die Dörverdener Weserdüne relativ nahe an den Fluss heran und erlaubt das für die Gegend ungewöhnliche Raumerlebnis einer ausgeprägten (und hochwasserfreien) Uferböschung. Zur Herleitung des Wortes siehe Bremen.

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Riede, Rieda

Kleine Fische auch für den Amateur-Ortsnamenforscher: Das bis ins 18. Jahrhundert ebenfalls Riede genannte Rieda liegt unmittelbar an der Weser, Riede in altem Bruchland. Beides sind Orte, von denen man jeweils erwarten kann, dass dort früher kleinere Wasserläufe flossen, an denen im größeren Umfang Schilf wuchs, wofür es wiederum im Niederdeutschen die Ausdrücke Ried bzw. Reet gibt (vergleiche altniedereutsch rith und das englische reed). Die Namen, die bereits in den ältesten überlieferten Formen Ride, Rithe usw. lauten, bedeuten also wohl soviel wie „Schilfland, Schilfbach“.

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Weser

Die latinisierte Genitivform des Flussnamens findet sich in alten römischen Quellen und frühmittelalterlichen Chroniken wieder als Visurgis. Ebenso sind ab dem 8. Jahrhundert die Nominativformen Wisura, Wisera, Wisora, Wisara oder Wisuraha überliefert (als Wisara erscheint der Fluss beispielsweise in einer altnordischen Form der Wieland-Sage im dänischen Codex Regis von 1270). Noch bei Adam von Bremen heißt es 1075 ausdrücklich: Nobilissimi Saxoniae fluvii sunt Albis, Sala, Wisara, qui nunc Wissula vel Wirraha nuncupatur. („Die hervorragendsten Flüsse Sachsens sind die Elbe, die Saale und die Wisara, die man jetzt auch Wissula oder Wirraha nennt.“) Es ist also anzunehmen, dass es sich bei Weser und Werra in alter Zeit um ein und denselben Flusslauf gehandelt hat, wobei es im Laufe der Zeit durch regionale sprachliche Ausdifferenzierung zu einer Unterscheidung in zwei Teilflüsse gekommen ist. Dafür spricht auch, dass der Fluss noch heute auf Niederdeutsch de Wersern oder de Werser heißt, was auf ein für den gesamten Fluss geltendes Wirraha zurückgehen muss.Der Name Wisara wurde früher als die Wiesenreiche oder das Wiesenwasser gedeutet. Heute nimmt man eher an, dass er auf eine indogermanische Wurzel namens *ueis/*uis = zerfließen, fließen zurückgeht. Urverwandte Namen finden sich in ganz Europa, von der polnischen Wisła (Weichsel) über die norwegisch-schwedische Visa bis hin zur französischen Vézère (einem Zufluss der Dordogne) und der belgischen Vesdre.(Falls Ihnen der obige Text aus der Wikipedia bekannt vorkommen sollte, schimpfen Sie mich nicht gleich einen Plagiator – dort stammt er auch von mir, und ich war zu faul, ihn groß zu ändern …)

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Aller

Der Flussname ist 781 als Alera, 803 als Elera, 1096 als Alara überliefert. Für seine Deutung gibt es zwei Möglichkeiten:1) Verkürzung von *Eleraha, wobei *Eler auf urgermanisch *olisa = „Erle“ zurückzuführen wäre und aha (sprich: „Acha“) einem in Flussnamen häufigen alten Wort für „Wasser“ entspricht (vgl. lateinisch aqua). Der Baumname ist vom Niederdeutschen als Eller übernommen worden, was der Form Elera entsprechen würde. Aller würde also soviel wie „Erlenwasser“ bedeuten, was sich wahrscheinlich daraus herleitet, dass der Flusslauf großteils mit Erlen bewachsen war, einer Baumart, die bevorzugt auf nassen Standorten wächst.2) In Hans Krahes System der alteuropäischen Hydronymie stellt der alte Name der Aller als Alara ein Beispiel für eine Reihe von Flussnamen mit der Wurzel al- dar, die über einen großen Teil Europas verbreitet sind und Krahe zufolge alle auf eine indoeuropäische Wurzel *el-/*ol- mit der Bedeutung „fließen“ zurückgehen. Urverwandt wären beispielsweise Alster, Iller, Elz oder Ilmenau. Krahes Hypothese wird allerdings in der Sprachwissenschaft kontrovers diskutiert.

(Falls Ihnen der obige Text aus der Wikipedia bekannt vorkommen sollte, schimpfen Sie mich nicht gleich einen Plagiator – dort stammt er auch von mir, und ich war zu faul, ihn groß zu ändern …)

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Bremen

Der Name der 860 als Brema oder 937 als Bremun überlieferten Hansestadt wird in der Regel als ferner Verwandter des indoeuropäischen *bherem = „hervorstehen, eine Spitze oder Kante bilden; Kante, Spitze“ gedeutet, der Wurzel von etwa mittelhochdeutsch brēm = „Einfassung, Rand“, neuhochdeutsch verbrämen oder englisch brim = „Rand“. Der Name würde sich also auf den Rand der Bremer Weserdüne beziehen, die hier in vorgeschichtlichen Zeiten in der Gegend der heutigen Böttcherstraße ein abfallendes Gelände zum Fluss hin gebildet haben muss. MitMetathese, beziehungsweise wenn man statt des ersten –e– des Ausgangsworts das zweite verschluckt, ergibt dieselbe Wurzel niederländisch berme, mittelniederdeutsch barme = „Böschung, Erdwall, Deichabhang“ und liegt dem Ortsnamen Barme zugrunde.Der Name könnte allerdings auch einen etwas indirekteren Weg zu der indoeuropäischen Wurzel beschreiben, da *bherem über die Bedeutung „borstig, stechen, Dorn“ auch zu mittelniederdeutsch brēme, brumme, altenglisch brēmel = „Heide, Ginster, Brombeere, Brombeerstrauch“ geführt hat. Der Ort hätte also die etwas poetischere Bezeichnung „bei den Brombeersträuchern“, „bei den Ginsterbüschen“ oder dergleichen.Wie bei Verden gibt es auch hier einen Ort in der Geographie Ptolemäos‘, der halbwegs auf die geographische Lage Bremens passt und als Phabiranum aufgeführt wird. Dies ließe sich mit der indoeuropäischen Richtungsangabe *per = „über etwas hinaus“ verbinden, sodass als Gesamtbedeutung etwa „Über dem Rand“ oder „Hinter dem Ginsterbusch“ herauskäme, aber das sind natürlich nur Spekulationen.

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Largau

Den ältesten uns überlieferten Urkunden zufolge erstreckte sich links und rechts der Weser von der Sebbenhauser Weserfurt im Süden bis zur Huntemündung im Norden, im Osten bis zum Hessewech, der heutigen Bundesstraße 215, der frühmittelalterliche Gau Lara, lateinisch pagus Laras. Man könnte nun mutmaßen, dieser Largau, Laargau oder Lorgoe ginge auf die Gaueinteilung des vorchristlichen sächsischen Stammesherzogtums zurück, aber Adam von Bremen führt ausdrücklich an, dass die Gaue Lorgoe und Wigmodia (das Gegenstück nördlich der Weser) nach der fränkischen Eroberung aus zehn älteren Gauen, deren Namen nicht bekannt sind, bei der Konstituierung des Bistums Bremen neugebildet wurden. Die Nachbarbezirke waren neben Wigmodia der Lerigau im Westen, der Sturmigau im Osten sowie Entegau, Derwegau und Grindringa im Süden.

Erste Nachrichten über den Largau erreichen uns aus aus der Lebensbeschreibung des heiligen Willehad, des angelsächsischen Missionars der Friesen und Sachsen, der 787 in Worms zum Bischof geweiht und dann von König Karl in das heutige Nordwestdeutschland geschickt wurde, um das Bistum Bremen aufzubauen, dessen erster Bischof er dann wurde. Willehad reiste im Land herum, und wie bei Heiligen so üblich, soll er dabei allerlei Wunder gewirkt haben, deren Aufzählung wir unter anderem die Ersterwähnung von Orten wie Ganderkese, Oslebshausen, Bücken oder Oiste verdanken (Vita S. Willehadi, c. 8. Mon. Germ. S. S. II). Er muss dabei übrigens auch zwangsläufig durch Magelsen gekommen sein, denn in dem im Mittelalter untergegangenen Ort Eggerikessen, der in der Nähe Magelsens zur Weser hin lag, soll er eine verkrüppelte Frau geheilt und in Oiste einer Dame namens Frideberna die zu kurzen Glieder wieder auf Normalmaß gebracht haben.

Die Grafschaftsrechte für den Largau sind bis etwa 1100 urkundlich belegt; außer Gebrauch kam die Bezeichnung dann im Spätmittelalter, als die Grafen von Hoya die örtlichen Machtverhältnisse und Verwaltungsstrukturen einer grundlegenden Änderung unterzogen und ihre neugebildete Grafschaft in sogenannte „Ämter“ aufteilten.

Die Bedeutung von Lara ist nicht eindeutig zu erschließen, vermutlich zählt die Bezeichnung aber zu den Namen mit –lar, Laar oder Leer (Laer, Laar, Lahr, Lohr, Wetzlar, Goslar, Leer usw.), die auf hleri zurückgeführt werden, was sowohl im Altnieder- als auch im Althochdeutschen soviel wie „umzäunter (Weide-) Platz“, „Viehgatter“ bedeutete (siehe Morsum). Der Laargau wäre damit ebenso wie der benachbarte Leergau der „Viehkoppelgau“ oder der „Gau der Viehzüchter“, was ganz gut zu der Überlegung passt, dass im flussnahen Marschland an der Weser vor der ins Hochmittelalter zu datierenden Einführung des Sechpflugs mit Streichbrett Heuwirtschaft und Viehzucht in unserem Raum sicher eine größere Rolle spielten als der Ackerbau.

In der Lebensbeschreibung Willehads wird weiterhin für den nördlichen Bereich des Gebietes, das in späteren Zeiten Largau genannt wurde, als Gaubezeichnung der Name Steoringa erwähnt, und 1049 wird in einer Urkunde Kaiser Heinrichs III. der Bremer Kirche eine Schenkung im pago Lara vel Steiringa, also im „Lar- oder Steiringgau“ übertragen, offensichtlich scheint also zumindest für den nördlichen Teil des Largaus auch dieser Name gängig gewesen zu sein. Etwas verwirrend ist die Nachricht, dass Graf Lothar Udo I. von Stade 1037 als „Graf im Largau und im Steiringgau“ bezeichnet wird, worunter hier eindeutig zwei verschiedene Gaue zu verstehen sind; möglicherweise spielen hier die Gaunamen aus vorfränkischer Zeit doch noch eine Rolle, die heute allerdings nicht mehr genau zu klären ist.

Für die Herleitung von Steor– oder Steir-, eventuell auch des Ortsnamens Stuhr,könnte man auf altfriesisch stiōra, stiūra = „steuern, wehren, hindern“ zurückgreifen, sodass man zu einem „Gau der Wehrhaften“ käme, was zu Wigmodia passt, das sich aus wīg = „Streit, Kampf“ und mōd = „Mut“ zusammensetzt (nicht „Wümme-Gau“, wie vereinzelt zu lesen ist). Die Bahlow’sche Sumpfschule nimmt hier wie üblich ein „verloren gegangenes Sumpfwort“ stur an, und tatsächlich geht die heutige Ortschaft Stuhr auf das Flüsschen Sture zurück, in dessen Bruchlandschaft der erzbischöfliche Ministeriale Friedrich von Mackenstedt 1171 holländische Einwanderer ansiedelte, und auch der Martfelder Ortsteil Stühr am Rande des ehemaligen Bruchlands südlich des Ortes weist in diese Richtung. Die Bedeutung wäre also eher „Bruchwaldgau“ beziehungsweise „Gau in der Gegend des Stuhrbachs“ oder dergleichen. Dies gilt natürlich nur, falls der Steiringgau wirklich etwas mit Stuhr zu tun hat.

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