Die Dorfordnungen des Amts Hoya von 1704

Anfang des 17. Jahrhunderts hatten die Gogerichte ihre Schuldigkeit getan. Der aufkommende Abslutismus suchte alle staatliche und gerichtliche Gewalt in den Händen der Fürsten und ihres Staatsapparats zu vereinen, da standen genossenschaftlich organisierte Relikte wie das Volksgerichtswesen im Wege und mussten beseitigt werden. Dies geschah nicht aktiv, es wurde vielmehr parallel zu den hergekommenen Gerichtstagen ein regelmäßiges Gericht im Hoyaer Amtshaus eingerichtet, das der Amtmann im Namen des Fürsten abhielt. Der der Amtmann auch dem Gogericht vorsaß, erschien letzteres bald überflüssig, zudem hatte das neue „Amtsgericht“ den Vorteil, dass man nicht mehr wochenlang bis zum nächsten Gogerichtstermin warten musste, um sein Recht zu erhalten.

Um die polizeilichen und verwaltungsmäßigen Aufgaben zu ordenen, die bisher den Gogerichten zugestanden hatten, gab das Amt eine Reihe „Dorfordnungen“ heraus, in denen das Nötige für den täglichen Umgang im Dorf geregelt wurde. Es wurde ausdrücklich betont, dass diese Dorfordnungen „ohne Schmälerung der Amts Superität“ zu verstehen seien, dass damit also keinesfalls irgendwelche Volksrechte im Sinne des Gogerichtswesens wiederhergestellt wurden. Die Dorfordnungen erwähnen den „Bauermeister“ als Dorfvorsteher. Wir kennen diesen Begriff bereits aus dem Sachsenspiegel, und auch sonst spigeln einige der Bestimmungen Rehctsgrundsätze wieder, die wir schon dort oder in noch älteren Rechtsverordnungen finden, offenbar also Bestandteile des alten Gewohnheitsrechts sind.

Der vollständige Wortlaut der Dorfordnungen wurde von Heinrich Albert Oppermann 1847 als Anhang zu seinem Aufsatz über die Gogerichte des Amts Hoya (Deutsches Gerichtsverfahren im 17. Jahrhundert, nachgewiesen aus den Verhandlungen und Entscheidungen der Gogerichte und des Landgerichts des Amts Hoya, Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft 11 (1847), S. 66 ff) beigefügt. Das Magelser Exemplar der Dorfordnungen überlebte die Zeitläufte offenbar am längstenm und wurde Gegenstand einer volkskundlichen Veröffentlichung im Stader Archiv, Heft 19 von 1929. Die Redaktion des Stader Archivs kannte offenbar Oppermanns Aufsatz nicht und nahm an, bei der Magelser Dorfordnung handele es sich um ein uraltes Weistum, das noch ungeschminkt „germanische“ Rechtsauffassung widerspiegelt. In Wirklichkeit ist das Dokument natürlich im Kontext der rechtlichen Entwicklung der Frühen Neuzeit zu sehen. Der hier zitierte Text folgt der Stader Version, mit einigen Korrekturen, die dank Oppermanns Version möglich sind.

Das Bauernrecht der Dorfschaft Magelsen von 1704

 


Bauerrecht

Wie solches dem Publico nötig ist, und ohne Schmälerung der Amts Superität und Interesse kann geduldet werden. Publiciret den 2ten Januarii 1704.

dem Publico = der Allgemeinheit
1.

Daß die Bauerschaft einen Bauermeister habe, und derselbe wechselsweise, auch alle Jahr von Nachbar zu Nachbar genommen, und das Bauer-Recht in seinen Jahr zweimal gehalten werde.



Die Bezeichnung „Bauermeister“ (bzw.
burmeister) für den Dorfvorsteher findet sich bereits im Sachsenspiegel.

Bauer-Recht = Bauerngericht.
2.

Daß solches die Bauerschaft durch blassung des Horns convociren möge so oft es nötig.

convociren = einberufen.
3.

Daß Er sich bemühe einen Schütter und Gemeinen Hirten zu bestellen jenen auch beim Fürstlichen Amte beeidigen lasse.

Ein Schütter war entweder der forstknecht für das schütteln der eicheln von den bäumen oder er musste sich um die Instandhaltung der Zäune kümmern, von niederdeutsch schutten = schützen, einschlieszen, einfriedigen, um etwas vor angriffen oder gegen entweichen zu bewahren (Grimms Wörterbuch).
4.

Daß er in allen publiquen-Dingen als Contribution, Vieh, Schatz, Inquartirung, Burgfesten, Landfolge, Haussuchung etcr. die Bestellung nebst Geschworenen Männern vor sich verrichte, darüber ein Register halte bei seinem Abtritt vor der Landes Commision justificire, und allemal, so oft es vorfällt, von den gefundenen Wrugen, und wichtigsten Sachen dem Voigt Nachricht gebe, in der Haussuchung aber den Voigt, wann derselbe im Dorf ist, dabei nehme.


publiquen = öffentlichen
Contribution, Schatz = Steuern, Abgaben

Inquartirung = Einquartierung von Soldaten

Burgfesten = Frondienste für die Hoyaer Burg

Landfolge = die pflichtmäßige Unterstützung des Landesherrn durch die Untertanen, vor allem bei der Abwehr von Gefahren für das Land (Landesverteidigung), aber auch durch verschiedene Dienstleistungen (Deutsches Rechtswörterbuch)

Haussuchung = HausdurchsuchungGeschworener = Amtsträger innerhalb der Landgemeinde (z. B. für Teiche oder Forste zuständig) Wruge = ältere Form von Rüge, bezeichnte früher auch das zu rügende Vergehen.justificiren = rechtfertigen

Voigt = der reitende Vogt, der für Oiste und Magelsen zuständig war und in Oiste lebte
5.

Wann aber Gemeine Besichtigungen der Feuer-Fächer Wege, Stege, Wässerungen, Feld-Graben, Hölzungen und Weide etcr. vorfallen, soll Er nebst den Geschworenen auch den Voigt, und von der Gemeine nur etzliche wechselsweise dabei nehmen, und daß es geschehen werde, 8 Tage vorher öffentlich kund machen.

Feuer-Fächer = Feuerstätten (Einzahl Feuer-Fach)
6.

Er so wohl als die Geschworenen, sollen dahin sehen, daß alle und jede Wrugen, die von Ihm, und den Geschworenen Männern, also auch von den Holz- und Teichgeschworenen notiret und gestrafet werden, es sei wegen einigern Verbrechen, später Ankunft oder Faullenzen bei der Arbeit, Schickung kleiner Kinder, ausbleiben, Untüchtiger Setzung und Besserung einiger Graben und befriedigung pflanzung der Hestern, und Pantweiden, Gemeiner Wege Kniecke und Zäune und Graben, Betrug in Gemeiner Hude und Trift, aussetzung der Zäune und Graben, versagter Pfandung und Dienstfolge, oder wie es sonst das Bauer-Recht anweiset, dem Voigt zur Wissenschaft gelangen, des widrigenfalls Er und die Geschworne vor die verschwiegene Posten dem Amte die zustehende Strafe aus ihren Mitteln zu zahlen schuldig sein, des Verbrechers Strafe vorbehältlich.

Hestern = junge Laubbäume (hier wohl Eichen oder Buchen, auch Heistern)Gemeine Hude und Trift = Allmende, gemeinschaftlich genutztes Land zum Hüten des Viehs (Trift kommt hier von Viehauftrieb).Pfandung = die rechtlichen Verpflichtungen einzelner Menschen oder einer Rechtsgemeinschaft als Pfandobjekt (Deutsches Rechtswörterbuch), also die dem Amt geschuldeten SachleistungenPantweide = Bedeutung unklar, evtl.Pfandweide, als Pfand zu pflanzende Weidenbäume?Kniecke = Knickhecken an den Wegen
7.

Daß wegen nötiger Besichtigung der Feuer Herde, Strafbahrer Feuerfächer und Mangel der Feuer-Instrumenten alle Ostern und Michaelis das Bauer-Recht und Inspektion gehalten werde.

Michaelis = 29. September
8.

Daß jeder Bauermeister vor seinem Abtritt einmal mit Ausziehung wenigstens zwei der ältesten, und zwei der jüngsten die Friede-Kuhlen und Hude Grentzen besehe, und das schadhafte repariere.

Friede-Kuhlen = wahrscheinlich kleine Gräben zur Einfriedigung jährlich wechselnder Parzellen (Grenzgruben)
9.

Von den Bauer-Strafen nicht mehr als den dritten Teil vertrinken lasse, 2/3 aber in einer Sparbüchse verwahre, und davon Gemeine Ausgaben zur Inquartirung extra ordinaire – Collecten und dergleichen berechne.

Collecten = von der Obrigkeit aus besonderem Anlaß ausgeschriebene Steuer (Deutsches Recvhtswörterbuch)
10.

Daß Er, wann der Voigt aus Befehl des Fürstlichen Amts Mannschaft bedarf, oder in Gemeinen Landes Sachen, oder Krieges-Sachen Botten fordert, solche ohngesäumet bestelle.

Botten = soll wohl Boten heißen
11.

Daß der Bauermeister vor aller publiquen Arbeit bleibe.

= dass er alle öffentlichen Arbeiten beaufsichtige.
12.

Daß Er samt den Geschworenen Männern, über alle und jede Punkte des Bauer-Rechts ernstlich, und so es nötig ist, dasselbe halte, und was seines Orts noch übergesetzte Reguln des Bauer-Rechts einzuführen erinnere, damit dem Gemeinen Besten auf allerweise gedienet werde.


Species und Taxa
des Bauer-Rechts
Species und Taxa = Strafgelder und GebührenHannoversche Währung: 1 Taler = 24 Groschen (niederdeutsch groten) = 288 Pfennige (die jährliche Steuerlast für einen Halbmeier mit 44 Morgen Land betrug z. B. knapp 3 Taler)
1.) …. 3 grote.

2.) …. 6 grote.
3.) …. 6 grote.
1. Bei Gemeiner Arbeit zu rechter Tageszeit selber zu kommen, oder tüchtige Gesinde zu schicken, und nach Anweisung der Aufseher treulich zu arbeiten.
Vor jedes Fuder 9 grote. 2. Plaggen, ?att im Anger überall zu meiden, und an Heid-Oertern einem jeden nach proportion der Höfe einen Gewissen Raum anzuweisen. Bei der Plaggenwirtschaft wurden auf Bodenstücken mit geringer Fruchtbarkeit Grassoden abgestochen und mit Viehdung vermischt zur Düngung des Ackerlands ausgebracht. Da Magelsen direkt in der Flussaue liegt und keine Sandböden in der Nähe zu finden sind, ist der Passus etwas unverständlich. Möglicherweise schrieb die hannoversche Verwaltung Standard-Verordnungen vor, die nicht in jedem Fall auf die Gegebenheiten vor Ort zutrafen.
…. 12 grote. 3. Zäune und aufgesetzte Graben an Feldern, und Cämpen auf der Geest, in der Marsch aber Kniecke und Graben unsträflich zu machen. unsträflich = so, dass keine Strafen fällig sind
…. 36 grote. 4. Wege und Stege tüchtig zu bessern auch so viel dazu nötig und auf den Kniecke wächset zu verwenden, noch durch solche fahrlässigkeit oder eigen Nutzen gewöhnliche Wege versperren und unbrauchbar machen. gewöhnlich = gemein, der Allgmeinheit zugehörig
…. 6 grote. 5. Schweine-Wuhl und Maulwurfs-Haufen vor Fast-Nacht zu schlichten so wohl in eigen Anger, als unter Anweisung des Bauermeisters in der Gemeinheit.
…. 54 grote. 6. Die Wasserlöse in reinen Gang zu halten, auch den angrenzenden ersten Nachbarn durch Bauer-Pfandung zu nötigen, damit die gehörige Breite eine Egge gleich gehalten werde. Wasserlöse = Entwässerungsgraben
vor 1 Pferd ….. 3 grote.

vor 1 Füllen     2 grote.

vor 1 Kuh        2 grote.

vor 1 Rind       1 grote.

vor 1 Schwein  1/2 grote.

vor 1 Schaaf     1/2 grote.
7. Wer mehr Vieh an Pferden, Kälbern, Kühen, Schweinen, Schaafe in die Gemeine bringet, als erlaubet ist, und ihm eigen gehören, oder Er des Winters von eigener Saat gefüttert hat, ist der Bauern-Strafe unterworfen. Gemeine = Gemeinheit = Allmende, gemeinschaftlich bewirtschaftete Weiden und Wälder
Vor jedes Schaaf  1/2 grote.

Gänse gehören der erste der sie bekömt, oder hängt sie an nächsten Baum
8. Wer Schaafe und Gänse hält oder inn Orten treibet, wo es nicht hergebracht ist.
…. 36 grote. 9. Wer dem Schäfer Lohn Schaaf hält.
…. 54 grote. 10. Wer Schaafe in Gemeine Weide treibet zwischen Michaelis und Jacobi. = zwischen dem 29. September und dem 25. Juli
…. 54 groten. 11. Wer des anderen Weiden Cämpe und Wiesen vor Schaaf oder Vieh zwischen Michaelis und Fastnacht suchet gemein zu machen ohne Bewilligung.
Wer aber in einem begrabenen Camp Pferde oder Vieh auf den Anger bringet, begehet einen Diebstahl, bezahlet den Schaden und verfällt in des Amts-Strafe.
begrabener Camp = umgepflügtes Land, Ackerland
vor jedes Stück

…. 12 grot.
12. Wer sein Vieh vor den Gemeinen Hirten nicht treibet.
1 Pferde       …. 3 grot.

1 Kuh Vieh      2 grot.
1 Schwein         1/2 grot.
1 Schaaf            1/2 grot.
13. Wessen Vieh ins Gemeine Feld oder Cämpe bricht, jedoch wann der Kniecke dessen ist, dem das Vieh gehöret nach Erstattung des Schadens vor ein Pferd, Kuh, Vieh Schweine Schaaf.
…. 6 groten. 14. Wer in Gemeine Strassen hütet und der das Vieh ohne gehütet läßt gehen.
…. 18 grot. 15. Wer fremdes Vieh zwischen dem Seinigen versteckt und lagert.
…. 36 grot. 16. Wer in Gemeinen Feldern zur Unzeit hütet, oder Pferde und Vieh darin anbindet, zwischen oder neben dem Korn oder Hecken oder auf die grüne Saat.
…. 9 grot. 17. Wer Aehren-Sammlers ins Gemeine Feld weiset, oder auf eigenen Cämpen gewehnet, bevor der Camp ist los gefahren.
…. 36 grot. 18. Wer den Stoppel mit Schafen betreibet ehe Schweine und Groß-Vieh darauf gewesen.
…. 3 grot. 19. Wer die Felder oder eines jeden eigene Hecke in durchfahren nicht wieder sperret, oder wenn er Schaden dadurch verursacht, zahlet Er besonders.
vors tragen 12 grot.
vors Hester 24 grot.
vors Fuder 54 grot.
20. Wer die Forst Weiden stämme, Hecken, Er oder gespickte Wege mit Austragung oder fahren, oder auf andere Weise bestiehlet; oder auch in Mastungszeit sein Vieh davor nicht hütet, oder Eicheln lieset, unter Gemeine oder privat Bäume.
…. 18 grot. 21. Wer Kniecke oder Zäune beraubet.
…. 36 grot. 22. Wer sein Gebäude muthwillig versäumet, oder überflüssig Gebäude setzet.
…. 24 grot. 23. Wer sein Teil oder angewiesen Holz in 6 Wochen nicht aus der Forst, schaffet, das erste mal.
Das 2. Mal nach 6 Wochen ist das Holz der Bauerschaft verfallen.
…. 18 grot. 24. Wer sine Hestern und Pant-Weiden nicht pflanzet oder nicht grün hält, insgleichen wer das Unterholz auf den Raub hauet, oder wenn es gehauen, nicht davor hütet, bis es dem Vieh entwachsen ist.
…. 9 grot. 25. Wer ohne Not des anderrn Zaun öffnet und Fahr-Wege durch des andern Kamp suchet.
…. 6 grot. 26. Wer ohne Not des andern wüstes Stück ohne Erlaubnis sähret: noch wer der Saat beschädigt, mit überfahren reiten oder gehen.
…. 36 grot. 27. Wer dem Nachbaren zu nahe gräbet oder zäunet, oder auch etwas aus der Gemeinheit in seinen Zaun oder Graben ziehet.
…. 18 grot. 28. Wer auf die Gemeinheit Eichhestern oder Weiden-Stämme vor sich alleine setzet.
vor jede Furche
…. 12 grot.
29. Wer dem Nachbarn 1 oder mehr Furchen abpflüget.
…. 12 grot. 30. Wer neue Lehmkuhlen, und zu nahe am Wege gräbet. Die Hofgebäude waren damals aus Fachwerk gebaut und mit Stroh gedeckt. In die Fächer kam Weidenflechtwerk, das mit Lehm beworfen wurde, an Letzterem bestand also immer Bedarf.
…. 42 grot. 31. Wer einen Diebstahl verheelet, aber bei der Haussuchung sich worin sperret, oder Unnütze Worte ausgiebet.
…. 12 grot. 32. Wer einen Häuerling setzet ohne der Bauerschaft Willen. Heuerling = Kleinpächter auf Teilstück eines größeren Hofes
…. 24 grot. 33. Wer leide, daß sein Häuerling Vieh oder Schweine oder Gänse auf die Gemeinheit bringe.
…. 36 grot. 34. Wer Hurrerey wissentlich in seinem Hause verstattet, und es nicht der Obrigkeit oder den Geschworenen Männern anzeiget.
…. 24 grot. 35. Wer bei Licht in Flachs arbeitet oder solches anders, als in der Sonne trocknet.
…. 18 grot. 36. Wer sein Feuer-Fach, Backhaus, Stülper und Ofenloch, nicht rendlich oder ordentlich hält. Stülper = Messing- oder Eisendeckel für Öfenrendlich = reinlich
…. 9 grot. 37. Wer Flachs Heu oder Stroh zu nahe oder gefährlich hinleget oder mit dem Licht nicht vernünftig umgehehet.

2. Anhang von 1790
(eingenäht zwischen Seite 13 und 14)

Copia.)

 

 


Als Königl. und Churfürstlicher Landes Regierung mittels verehrlichten Rescriptii, vom 4. Okt. dieses Jahr. Die Pfandungsgebühren in der sämtlichen Kirchspielen folgender Maaßen zu bestimmen geruhet. königlich = Hannover und England wurden damals in Personalunion regiert.
1. Für ein Pferd auf der Gemeinheit
in Felde
…. 1 mgl. 4 Pfg.
…. 3 mgl.
2. Für ein Füllen auf der Gemeinheit
in Felde
…. 1 mgl.
…. 2 mgl.
3. Für ein Kuhe oder Ochsen auf der Gemeinheit
in Felde
…. 1 mgl.
…. 2 mgl.
4. Für ein Rind oder Kalb auf der Gemeinheit
in Felde
….          4 Pfg.
…. 1 mgl.

 

Nachwort

Das Bauernrecht des Amts Hoya enthält interessante Informationen über das Leben einer typischen Dorfbevölkerung der Frühen Neuzeit in Nordwestdeuschland. Obwohl den Bauern ihre Höfe nicht gehörten (Eigentümer waren in der Regel das Kurfürstentum bzw. Königreich Hannover als Rechtsnachfolger der Grafen von Hoya oder einzelne adelige Großgrundbesitzer bzw. die Kirche), gab es doch einen gewissen Grad an Selbstverwaltung: Das Dorf wählte einen „Bauermeister“, der vor Ort die niedere Zivilgerichtsbarkeit ausübte; es gab „Geschworene“, die den Bauermeister bei seiner Tätigkeit unterstützten und für einzelne Bereiche wie Wald, Teiche usw. zuständig waren. Dies erinnert noch an die alte Gogerichtsordnung. Die Eindämmung der ständigen Feuergefahr hatte eine hohe Priorität, die durch die jährliche Visitation des reitenden Vogts unterstrichen wurde. Bemerkenswert auch die Tatsache, dass Strafgelder offenbar nicht irgendwie sinnvoll investiert, sondern für die Einquartierung von Soldaten und Sondersteuern verwendet und außerdem wenigstens zu einem Teil gemeinsam vertrunken wurden. Diese Bestimmungen finden sich schon in mittelalterlichen Rechtsbestimmungen.

Die häufigen Kriege spiegeln sich in den Vorschriften über die Einquartierung und die Sondersteuern wieder, die neben der gewöhnlichen Fronarbeit für das Amt zu leisten waren. Auch scheint es im ländlichen Raum noch keinen geregelten Botendienst gegeben zu haben, da das Dorf bei Bedarf solche zu stellen hatte. (Tatsächlich gab es während des gesamten 18. Jahrhunderts Streit zwischen dem Kurfürstentum Hannover, das den Postdienst in eigener Regie betrieb, und den Reichspostmeistern Thurn und Taxis, die ihr Reichsmonopol durchsetzen wollten.)

Auffällig ist aber vor allem der breite Raum, der Vergehen betreffs die Bewirtschaftung der Gemeinheit gegeben wird. Jede kleine Einzelheit, jede mögliche Nichtbeachtung ist berücksichtigt, und offenbar war dies auch notwendig. Hier finden wir ein typisches Beispiel für das, was der amerikanische Soziologe Garret Hardin die Allmendetragödie nennt: die Versuchung für jeden einzelnen, beim gemeinsamen Wirtschaften möglichst wenig zu tun und möglichst kleine persönliche Vorteile herauszuschlagen, was letztendlich dem gemeinschaftlich bewirtschafteten Gut schadet. Um 1830 erfolgte dann eine erste Flurbereinigung, die sogenannte „Verkoppelung“, in der die Gemeinheit aufgehoben und das Land unter die Hofstellen vertteilt wurde.